Sidechain Compressor einstellen. Tutorial für elektronische Musik
Anfangs nutzte man sie vor allem im klassischen French House gerne und viel: Sidechain-Kompression, auch bekannt als Pumpeffekt. Mittlerweile findet sich der Effekt in nahezu jedem Genre der elektronischen Musik, ob Techno, Deep House oder im Ambient. Manchmal auf einzelnen Spuren, andere Male über den gesamten Mix gelegt. Beim Pumpeffekt verdichtet ein Kompressor das Signal auf recht radikale Weise, wobei ein Instrument die Intensität der Kompression zusätzlich steuert. Das kann zum Beispiel eine Bass-Drum-Spur sein, die, sobald sie ertönt, den Kompressor aktiviert. Wie stellt man den Sidechain Compressor ein um den klassischen Pumpeffekt zu erhalten? Dieses Tutorial zeigt euch, wie es geht.
Was ist Sidechaining überhaupt?
Beim Sidechaining wird der Kompressor einer Spur oder im Gesamtmix von dem Audiosignal einer anderen Spur gesteuert. Dabei werden drei Elemente genutzt:
- Der Track, die Subgruppe oder der Gesamtmix, der komprimiert wird
- Der Kompressor, der das Signal verdichtet
- Die Spur (z.B. eine Bass Drum), die den Grad der Komprimierung kontrolliert
Mit Sidechain Compression verbesserst du deinen Mix
Eine Möglichkeit, Bass und Kick gut im Track unterzubringen ist gezieltes Mixing und dabei beide Instrumente exakt aufeinander abzustimmen (siehe Tutorial: Kick und Bass abmischen: Diese Fehler solltest du vermeiden). Manchmal kann das aber zu einer echten Tortur ausarten und die Motivation ist nach unzähligen EQ-Tweaks dahin. Hier kann Sidechain-Kompression weiterhelfen.
Eine der häufigsten Anwendung für Sidechain-Kompression ist sicherlich, Kick und Bass vernünftig miteinander zu verschmelzen. Schnell und einfach erzielt man gute Ergebnisse, wenn man Sidechaining dafür einsetzt, die Bass-Spur immer dann wegzudrücken (Ducking), wenn die Kick gerade spielt. Die Frequenzen beider Instrumente kommen sich zwar nach wie vor noch in die Quere.
Durch die automatischen Lautstärkeänderungen treten die unerwünschten Matsch-Effekte aber in den Hintergrund und der Mix wirkt homogener. Trotz Sidechaining sollte man auf das vernünftige Abmischen natürlich nicht verzichten. Als schnelle Kur für den Motivationsschub ist es aber eine wunderbare Methode.
Sidechain Compressor einstellen
Kommen wir jetzt zu den Details. Allerdings sei vorweg gesagt, dass es eine Blaupause mit allgemeingültigen Einstellungen nicht gibt. Denn je nach Ausgangsmaterial muss die Kompression stärker oder leichter wirken, die Lautstärke justiert werden usw. Daher sind die nachfolgenden Tipps nur ein Ausgangspunkt, mit dem ihr dann die Detailarbeit vornehmen könnt.
Eingangslautstärken
Um den Sidechain-Kompressor einzustellen, fängt man als erstes mit den richtigen Lautstärken an. Zum einen ist es natürlich die Lautstärke der Spur, die komprimiert werden soll. Zum anderen muss die Lautstärke des Sidechain-Signals angepasst werden, das in unsere Sidechain-Spur geroutet wird. Viele Compressor-PlugIns bieten die Möglichkeit, das Eingangssignal innerhalb ihrer Oberfläche einzustellen, wie hier im Beispiel der Ableton Compressor. Sollte das nicht vorhanden sein, kann man das Sidechain-Signal über eine Subgruppe oder einen Effektkanal führen. Bevor es dann weiter in den Kompressor geht, legt man hiermit die Lautstärke fest.
Threshold, Ratio, Attack und Release kurz erklärt
Threshold ist der Wert, ab dem der Kompressor anfängt zu arbeiten. Solange der Pegel also nicht laut genug ist, wird man den Effekt nicht hören. Attack bestimmt, wie schnell der Kompressor reagiert. Je kürzer die Attackzeit eingestellt ist, umso schneller setzt der Pumpeffekt ein. Release wiederum bestimmt, wie lange der Kompressor benötigt, um den Ursprungswert zu erreichen. Sind Attack oder Release zu hoch eingestellt, hört man den Pumpeffekt mitunter gar nicht. Denn der Kompressor hat dann nicht genügend Zeit, „sich zu erholen“. Mit Ratio wird schließlich der Grad der Verdichtung bei Überschreitung des Schwellenwerts „Threshold“ bestimmt.
Ab in die Praxis: Sidechain Compression einer Bass-Spur
Nehmen wir daher das gängigste Beispiel, um unsere Sidechain-Kompression einzustellen: Wir wollen unseren Bass-Track im Takt einer 4/4-Kick wegdrücken. Die Eingangslautstärke im Sidechain-Kanal ist hoch genug und Threshold ausreichend niedrig eingestellt, damit der Kompressor überhaupt anfängt zu arbeiten. Ratio sollte bei einem Wert zwischen 2,5:1 und 8:1 liegen.
Um den Effekt deutlich zu machen, zieht ihr nun bei geringer Attack-Zeit die Release-Zeit langsam hoch und guckt, was passiert. Irgendwann wird die Zeit länger sein, als die Intervalle zwischen einzelnen Bassdrums eures Sidechain-Signals. Dann wird der Pumpeffekt, wenn überhaupt, nur noch sporadisch zu hören sein. Im Prinzip war es das schon. Jetzt könnt ihr mit den Werten Attack, Threshold und Release spielen, bis euch das Ergebnis am besten gefällt.
Tipp: Praktisch ist es, wenn der Kompressor zusätzlich über einen EQ im Sidechain-Kanal verfügt. Hiermit lässt man nur bestimmte Frequenzbereiche durch, die den Compressor steuern sollen. So könnte man bei einem gesampleten Drumloop per Tiefpassfilter alles herausfiltern, was keine Bassdrum ist.
Pumpeffekt über den kompletten Track legen
Wenn ihr den Pumpeffekt über den kompletten Track legen wollt, müsst ihr dazu genauso vorgehen, wie eben bei dem Kick & Bassbeispiel beschrieben. Nur dass der Kompressor dieses Mal in der Summe eures Mix liegt statt in der Bass-Spur. Um den Effekt etwas subtiler zu fahren, könnt ihr den Effektanteil eures Kompressors auf Werte unter 50 % einstellen. Euer Gesamtmix pumpt dann zwar immer noch ordentlich, strengt aber nicht ganz so schnell an.
Rhythmische Gate-Effekte mit Sidechain-Kompression
Während die bisher beschriebene Variante immer davon ausging, dass man sowohl die Kick als auch den / die komprimierten Tracks gleichzeitig hört, kann man den Sidechain-Effekt auch dafür einsetzen, klassische Gate-Effekte zu erzeugen. Für diesen Fall programmiert man eine Kick einfach im gewünschten Rhythmus des Gate-Effekts. Damit das Kicksignal für den Compressor dann nicht im Mix erscheint, muss man diese Spur nur noch stummschalten.
Rollende Bassdrums mit Reverb und Sidechain Kompression
Eine weitere Einsatzmöglichkeit von Sidechain Kompression ist in Kombination mit einem Reverb. Hier nehmen wir einen Effektkanal, in den wir ein Reverb-Plug-In mit 100 % Effektanteil ziehen. Direkt im Anschluss fügen wir noch einen EQ und dahinter den Kompressor in die Spur.
Das Signal aus unserem Bass-Drum-Kanal schicken wir mit ca. 50 % in den Effekt-Send, in dem unsere Effektkette liegt. Gleichzeitig wählen wir die Kickdrum als Signalquelle für die Steuerung des Kompressors aus.
Für unsere rollenden Bassdrums brauchen wir gar nicht so viel: Ein Reverb mit ausreichend langer Hallfahne und den EQ, der das Effektsignal im Anschluss zurechtformt. Je mehr Höhen ihr wegschneidet, umso dumpfer und düsterer wird die „Hallkick“.
Am Ende der Kette drückt der Kompressor das Reverbsignal immer mit Einsetzen der Bassdrum weg. Bei den Einstellungen des Kompressors geht ihr genauso vor, wie vorhin beschrieben. Je nachdem, wie schnell ihr Attack- und Release eingestellt habt, setzt die rollende „Ghostkick“ näher oder weiter entfernt von eurer Bass Drum ein.
Sidechain-Compressor – Freeware Tipps
Für Sidechain-Compression nehme ich meistens den Ableton Compressor, daher sind die folgenden Tipps nur Empfehlungen aus zweiter Hand. Wenn ihr noch gute Vorschläge habt, immer her damit. Ich ergänze die Liste dann entsprechend.
- MCompressor (Mac / Windows)
- ATK Sidechain Compressor (Mac / Windows)