Sequential Prophet 5 Test: Wiederbelebung einer Legende?
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Mit der Ankündigung die Prophet-5-Serie wieder auf den Markt zu bringen, sorgte Sequential für einige Aufregung unter Synth-Nerds. Immerhin hat man sich als Ziel gesetzt, den legendären Polysynth authentisch nachzubauen. Zudem sollten alle Filterrevisionen in einem Gerät vereinigt werden und somit den Sound aller Prophet-5-Generationen ermöglichen. Bevor wir uns im Sequential Prophet 5 Test die Frage stellen, wie gut der Prophet ist und wie er sich in aktueller elektronischer Musik schlägt, gibt es aber wie immer erst ein Demovideo.
Ersteindruck Sequential Prophet 5: Verarbeitung und Oberflächliches
Für diesen Sequential Prophet 5 Test stand mir die Modulversion zur Verfügung. Und die kommt überraschend schwer daher. Der Synth ist durch die Bank Weg gut verarbeitet und überzeugt mit aufgeräumtem Vintage-Look. Die Drehregler haben allesamt einen angenehmen Drehwiderstand, die Taster vermitteln ebenfalls ein Gefühl von Langlebigkeit.
Der Prophet erscheint ganz im Vintage-Design mit Holzseitenteilen und verzichtet auf modernen „Schnickschnack“ wie Displays. Gut, ich hätte nichts dagegen gehabt Presetnamen- und Sortierung direkt auf einen Blick erkennen zu können. Aber hier finde ich den puristischen Ansatz ok.
Auf der Rückseite befindet sich die Anschlusssektion, die neben einem MIDI-Trio, noch USB (für MIDI), einen Kopfhörer-Ausgang, Mono-Line-Out, sowie Eingänge für Fußpedale und CV-/Gate umfasst.
Etwas ärgerlich fand ich, dass die Modulversion mit knapp 3 Zentimetern das 19″-Rackmaß überschreitet. Hier hätte ich mir – wie schon beim Sequential OB-6 – echt gewünscht, dass man sich an einem etablierten Standard orientiert.
Die Klangerzeugung im Sequential Prophet 5
Oszillatoren
Starten wir in der Oszillatorebene, von denen es ingesamt zwei gibt. Oszillator A und B bieten beide die Schwingungsformen Sägezahn und Pulse mit variabler Pulsbreite. Zusätzlich kann man bei Oszillator B noch Dreieck nutzen. Die Schwingungsformen werden per Taster aktiviert oder aus dem Signalweg herausgenommen. Mischstufen für die einzelnen Schwingungen gibt es hier nicht, das war im Original aber auch nicht anders.
Darüber hinaus lässt sich Oszillator 1 zu Oszillator 2 synchronisieren, wodurch auch schneidende Leads kein Problem sind. Wenn eher experimentelle Klänge gefragt sind, kann man Oszillator 2 noch im Low-Frequency-Mode, und / oder von der Tonhöhe entkoppelt, betreiben. Somit erhält man dann einen weiteren LFO oder einfach einen Klickgenerator. Anschließend gelangt das Audiosignal in den Mixer, wo neben der beiden Oszillatoren noch weißes Rauschen beigemischt werden kann.
Filter
Vom Mixer aus geht es weiter in die Filtersektion. Hier finden sich sowohl das SSM Filtermodell von Dave Rossum aus den Sequential Circuits Prophet Revisionen 1 & 2, als auch der Curtis-Chip, der in der Rev 3 zum Einsatz kam. Per Taster wird zwischen den Filtermodellen umgeschaltet, wobei sich dieser Switch gleichzeitig auf das Verhalten der Filterhüllkurve auswirkt.
Klanglich sollte man bei dem Switch keine riesigen Unterschiede erwarten. Beide Filter bieten einen ähnlichen Grundsound, den ich als kraftvoll analytisch mit seidiger Resonanz beschreiben würde. Bei zunehmender Resonanz und Oszillatoren-Lautstärke merkt man die Unterschiede dann deutlicher, wobei das Rev 1/2-Filter noch etwas ungeschliffener daherkommt.
Hüllkurven und LFO
Die Hüllkurven sind insgesamt schnell genug für perkussive Sounds und eignen sich gleichermaßen für langsame Filter-Sweeps und Pads. Mit Umschalten der Filtercharakteristik ändert sich übrigens auch das Verhalten der Filterhüllkurve. Ist der Verlauf in der Rev 1/2 eher linear, so bewirkt ein Umschalten auf Rev 3 einen exponentiellen Hüllkurvenverlauf. Den finde ich für runde Bass-Sounds wesentlich gelungener. Schade nur, dass ich klanglich das Rev 1/2 Filter für Bässe spannender finde.
Ein global wirkender LFO bietet die Schwingungsformen Sägezahn, Dreieck und Pulse. Diese kann man übrigens parallel aktiveren, wodurch auch Hybridformen möglich sind. Leider lässt sich der LFO weder resetten, noch per BPM synchronisieren. Ich weiß, das war beim alten Prophet auch nicht möglich. Nur warum man bei Sequential an einigen Stellen den Purismus aufbricht und hier dann wiederum auf Features verzichtet, die für zeitgenössische Musik echt hilfreich wären, erschließt sich mir nicht.
Modulationsmatrix
Im oberen Bereich befindet sich die nach heutigen Maßstäben sehr sporadisch ausgestattete Modulationsmatrix. Puristen wird diese Limitierung nicht stören, aber dieser Test soll auch herausstellen, wie flexibel der Prophet nach heutigen Maßstäben ist. Und hier war ich ingesamt dann doch ziemlich enttäuscht, wenn ich mir vorstelle, was man aus dem großartigen Analogsound noch herausholen könnte.
Als Modulationsquellen stehen einerseits der globale LFO, sowie Noise zur Verfügung. Per Drehregler wird das (Misch-)Verhältnis von LFO und Noise festgelegt, ein weiterer Drehregler legt die initiale Modulationsstärke fest, die per Modulationsrad intensiviert wird. Als Modulationsziele gibt es hier Oszillator-Tonhöhe, Pulsbreite, sowie Filter-Cutoff.
Leider hat man sich bei Sequential hier etwas zu sehr vom Original inspirieren lassen. Denn gerade hier hätte ich mir gewünscht, dass man die Intensität pro Modulationsziel unabhängig regeln kann. Also etwa eine subtile Modulation auf die Tonhöhe, etwas mehr auf die Pulsbreite und eine stärkere auf das Filter.
In der Polymod-Sektion lassen sich dann Osc B und die Filterhüllkurve als Modulationsquellen zuweisen, wodurch auch analoge FM möglich ist. Aber auch hier kann man die Intensität nur für alle Ziele gemeinsam regeln. Häufig hätte ich mir gewünscht, das Filter durch Oszillator B steuern zu lassen, während die Filterhüllkurve auf Pulsbreite A wirkt.
Gleiches gilt für Aftertouch und Velocity, die sich beide auf Filter-Cutoff und Lautstärke routen lassen. Es ist zwar schön, dass man den Prophet um diese Controller ergänzt hat. Aber hätte man an dieser Stelle nicht gleich auch den Modulationsumfang editierbar machen können? So gilt bei den Spielhilfen im wahrsten Sinne nur alles oder nichts.
Der Vintage-Mode
Als Freund von leiernden Romero-Zombie-Film-Pads begeisterte mich der Vintage-Mode des Sequential Prophet 5. Denn der Vintage-Knob bewirkt eine stufenlose Zunahme von Entropie. Oder mit anderen anderen Worten: Hiermit geht man von dem präzisen Verhalten eines aktuellen Synths immer weiter in den verstimmt chaotischen Sound eines schlecht kalibrierten Prototypen über.
Dabei wird nicht bloß die Tuning-Abweichung pro Stimme verändert, sondern auch subtile Änderungen an Hüllkurvenzeiten , Filter Cutoff und mehr. Das Resultat ist ein herrlich lebendiger Analogsound, wobei man es hier nicht übertreiben sollte.
Sequential Prophet 5 Test: Fazit
Keine Frage – der Sequential Prophet 5 klingt wahnsinnig organisch und liefert authentischen Retrosound, der sich gut im Mix integriert. Wenn man den brassig-mittigen Grundsound der Prophet-Serie bereits in 80er-Tracks nervig fand, wird man auch mit dieser Revision nicht glücklich. So erging es mir beispielsweise. Denn an sich bietet der Synth einen tollen Klang, der nur zufälligerweise meinen Geschmack nicht trifft.
Nur leider hat man bei Sequential meiner Meinung nach das Konzept dann doch etwas zu puristisch verfolgt. So hätten BPM-synchronisierbare LFOs, Stereo-Ausgänge oder umfangreichere Modulationsmöglichkeiten den Synth erheblich aufgewertet und moderner werden lassen. Das wiederum hätte vielleicht puristische Nostalgiker verprellt, aber eben den Markt für komplexere Sounds in der elektronischen Musik geöffnet.
Und hier gibt es mittlerweile zum Glück etliche Alternativen, die nicht nur großartig klingen, sondern auch eine deutlich gößere Klangvielfalt bieten. Zu nennen sind da der Sequential OB-6 oder der Arturia Polybrute. Selbst der günstigere Prophet 6 aus gleichem Hause bietet mehr, wenn es unbedingt der Prophet-Sound sein soll. Wer aber das Retro-Feeling inklusive aller Einschränkungen haben will, der wird mit dem Sequential Prophet 5 auf jeden Fall glücklich.