Black Corporation Deckard’s Dream MKII Test

Black Corporation Deckard's Dream MKII Test

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Voraussichtliche Lesedauer: 13 Minuten

Mit dem Deckard’s Dream MK II gibt es einen achtfach polyfonen Analogsynth, der von Yamahas legendärem CS80 inspiriert wurde. Inspiriert unter anderem deshalb, da in der Grundausstattung auf wesentliche Features wie Ringmodulator, Effekte und den Ribbon-Controller verzichtet wurde. Wie gut sich der Synthesizer schlägt, erfahrt ihr im Black Corporation Deckard’s Dream MKII Test. Doch hören wir uns erstmal an, wie das Teil klingt.

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Black Corporation Deckard’s Dream MKII Demovideo

Black Corporation Deckard’s Dream MKII Test: Erster Eindruck

Als ich vor einiger Zeit ein Demovideo für den Black Corporation Kijimi erstellte, war ich nahezu geschockt von der schlechten Verarbeitungsqualität. Wie damals hatte ich auch für diesen Test ein offiziell erhältliches Modell von einem Händler hier, also keine DIY-Unit. Das sei nur erwähnt, da es beide Synthesizer auch (deutlich günstiger) als DIY-Bausatz gibt.

Neben ungleichmäßigen Spaltmaßen, etlichen Bugs und wabbeligen Drehreglern gab es beim Kijimi auch konzeptionell etliche Ungereimtheiten, die man für diesen Preis nicht tolerieren sollte. Zusätzlich gibt es auch ein Jahr später immer noch kein Manual auf der offiziellen Webseite und das FW-Update-Tool läuft nicht unter Mac OS-Versionen, die nach Catalina herausgekommen sind.

Um es kurz zu fassen: Ganz so schlimm wie beim Kijimi ist es beim Deckard’s Dream MKII zum Glück nicht. So fühlen sich die Regler und Taster schon einmal deutlich besser an. Aber auch hier muss ich sagen, dass der 5000 € Synth nicht die Erwartungen an eine kompromisslose Verarbeitung erfült.

Seitenteile mit Baumarktcharme

Ein Beispiel: Die Holzseitenteile sind nahezu unbehandelt: Die Ecken wurden nicht abgeschliffen, die Schnittkante wirkt wie frisch aus dem Baumarktzuschnitt, die Schrauben lieblos reingedreht. Warum halte ich mich an so einer Banalität auf? Nun, wenn ein Hersteller es bei so einfachen Details vergeigt, hält sich mein Vertrauen auch beim Rest des Pakets sehr in Grenzen.

Genau das bestätigte sich, als ich nach einer Anleitung gesucht habe. Die gibt es auf der Webseite schlicht nicht. Und im Lieferumfang ebenso wenig. Der Ersteindruck ist also eher negativ.

Anschlüsse

Deckard’s Dream MKII kommuniziert mit der Außenwelt per MIDI-Trio und USB-Port, die Audioausgabe erfolgt über einen symmetrischen Monoklinkenausgang. Einen Fußpedalanschluss sucht man hier vergebens, allerdings wird das durch MPE und Aftertouch-Fähigkeiten wieder gut gemacht. Dazu später mehr.

Deckards Dream MKII Test: Anschluesse auf der Rueckseite
Deckard’s Dream MKII Test: Anschlüsse auf der Rückseite

Black Corporation Deckard’s Dream MKII Test: Features

Beim Deckard’s Dream MKII handelt es sich um einen teilweise analogen Synthesizer, der sich trotz seiner subtraktiven Struktur konzeptionell von vielen erhältlichen Lösungen unterschiedet.

Wesentliches Unterscheidungsmerkmal sind die komplett voneinander unabhängigen Signalpfade. So stehen für beide analogen Oszillatoren getrennt jeweils LFOs, analoge HP-/TP-Filter, sowie zwei Hüllkurven und analoge VCAs zur Verfügung. Dass man alles separat einstellen kann, ist zu Beginn etwas ungewöhnlich, ermöglicht einem in der Praxis aber Klänge, die man woanders nur mit Layering hinbekommt.

Für eigene Soundkreationen stehen insgesamt zehn Bänke mit jeweils 128 Presetplätzen zur Verfügung. Das sollte für die meisten Anwender mehr als genug sein. Ab Werk sind die ersten 128 Plätze mit einer Auswahl an guten Presets belegt.

Die acht Stimmen lassen sich entweder 8-fach polyfon, Mono, oder im superfetten 8-fach Unisono-Modus verteilen. Der ausgewählte Modus wird im Patch gespeichert. Global gibt es noch einen weiteren Modus, der bei Aktivierung immer zwei Voices pro gespielter Note ansteuert. Das reduziert die Polyfonie zwar auf vier Stimmen, sorgt aber entsprechend auch für noch fettere Sounds. Und wer über das nötige Budget verfügt, stellt sich einfach noch einen DD MKII daneben und kaskadiert die Units dann.

Black Corporation Deckard's Dream MKII Test
Black Corporation Deckard’s Dream MKII

Klangsynthese

Die Oszillatoren

Bei den zwei Oszillatoren pro Stimme handelt es sich um die mittlerweile weit verbreiteten CEM3340 VCOs (Quelle), hier mit den Schwingungsformen Sägezahn und Rechteck. Letztere bietet variable Pulsbreite, dessen Breite sich manuell und per LFO steuern lässt. Aktiviert werden die Schwingungsformen per Kippschalter. Stufenlos mischbar hätte ich eleganter gefunden, da das mehr Möglichkeiten eröffnet. Weiterhin kann man dann noch pro Synthesestrang Rauschen und nach den Filtern Sinus hinzumischen.

Die Oszillatoren klingen sehr kräftig: Der Sägezahn erzeugt ordentlich Schub mit präsenten Obertönen und auch die Rechteckwelle klingt herrlich bauchig hohl. Mit abnehmender Pulsbreite wird das Signal erwartungsgemäß nasaler, ohne jemals komplett auszusetzen.

Für beide Layer stehen verschiedene Fußlagen bereit. Subtile bis extreme Schwebungen erhält man, indem man die Layer per Detune gegeneinander verstimmt. Final bestimmt man per Mischverhältnis noch die Lautstärke der beiden Layer. Etwas ungewöhnlich ist, dass sich diese Parameter im unteren Bereich der Oberfläche befinden und nicht innerhalb der Oszillatorsektion der jeweiligen Layer. Hat man sich erstmal daran gewöhnt, geht die Bedienung aber sehr flüssig von der Hand.

Im unteren Bereich werden globale Einstellungen zugewiesen, sowie Tuning und Mischverhältnis der Layer bestimmt.
Im unteren Bereich werden globale Einstellungen zugewiesen, sowie Tuning und Mischverhältnis der Layer bestimmt.

Die Filtersektion

Pro Synthesestrang gibt es sowohl ein Hoch- als auch ein Tiefpassfilter. Beide Filter sind als analoge 12dB Variante ausgeführt und bieten zusätzlich Resonanz, die jedoch weit davon entfernt ist, bis in die Selbstoszillation zu reichen. Dafür bleibt das Bassfundament mit zunehmender Resonanz weitgehend erhalten.

Die Filter klingen eher zahm und cremig, wodurch sie sich hervorragend zur Erstellung von Pads, Brass-Sounds, Streichern oder Soundscapes eignen. Ja, auch Bässe und Leadsounds gelingen mit Deckard’s Dream MKII, wobei hier andere Synths überzeugender abliefern. Das liegt aber weniger an der Filtercharakteristik, sondern eher an den Hüllkurven…

Ein kompletter Layer des Deckard's Dream MK II mit VCO, VCF und VCA
Ein kompletter Layer mit VCO, VCF und VCA

LFOs und Hüllkurven

Hüllkurven

Sowohl LFOs als auch Hüllkurven des Deckard’s Dream MKII sind digital ausgeführt. In der VCA-Sektion ist die Hüllkurve als klassische ADSR-Variante vorhanden, bei der Filter-Hüllkurve muss man erstmal umdenken. Denn hierbei handelt es sich um eine ADR-Hüllkurve, allerdings mit den zusätzlichen Parametern Initial Level und Attack Level. In Standardterminologie übersetzt, legt man hiermit den Sustain-Level fest. Dessen Start- bzw. Endwert wird mit Attack Level (AL) und Initital Level (IL) definiert.

Die Attackzeit kann recht schnell eingestellt werden. Aufgrund der Hüllkurvencharakteristik muss man sich aber schon etwas anstrengen, um dem Deckard’s Dream knallige Bässe oder Leads zu entlocken. Andererseits sind die Decay-/Release-Zeiten in der Default-Einstellung mit rund 7 bzw. 12 Sekunden Maximum recht kurz geraten. Hierbei orientierte man sich wohl am Original, wobei man diese Zeiten im Menü massiv aufbohren kann.

Dann reicht die Attack-Zeit bis zu 100 Sekunden, und sowohl Decay als auch Release bis zu 150 Sekunden. Das sollte für die meisten Fälle ausreichen und wird zum Glück auch im Patch gespeichert und nicht global. Die Steuerung des Hochpassfilters über die Hüllkurve lässt sich – leider nur global – auch invertieren, sodass beide Filter mit der Zeit geöffnet werden können.

LFO

Der Geschwindigkeitsbereich des LFO reicht von 0,7 Hz bis 25 Hz, lässt sich über das Menü aber deutlich erweitern. Ist der erweiterte LFO-Modus aktiv, reicht die Frequenz des LFO von 0,1 Hz bis 45 Hz. Damit kratzt er gut am hörbaren Bereich und ermöglicht auch Klänge in Richtung AM und FM.

Weiterhin kann zwischen der Betriebsart Mono oder Poly umgeschaltet werden. Dadurch bestimm man, ob ein LFO auf alle Stimmen wirkt, oder jede einzelne Stimme ihren eigenen LFO erhält.

Die Auswahl mit sechs Schwingungsformen der LFO-Sektion ist recht üppig für einen Polyanalogen. So stehen hier neben den Klassikern Sinus und Rechteck, auch Noise, Saw Up/Down, S&H und Random bereit.

Als Modulationsziele stehen neben Pitch, auch Filter FM und VCA zur Verfügung. Die Intensität lässt sich einerseits immer aktiv einstellen, andererseits kann man diese zusätzlich noch flexibel per Anschlagdynamik, Aftertouch und MPE steuern.

Black Corporation Deckard's Dream MK2 Test: Schraegansicht
Black Corporation Deckard’s Dream MK2 Test: Das Minidisplay befindet sich rechts unten und wird dadurch im Betrieb gerne vom Arm verdeckt

MPE, Aftertouch etc.

Um das Maximum an Performance-Möglichkeiten des Deckard’s Dream MK II herauszuholen, sollte man von den MPE-Möglichkeiten intensiven Gebrauch machen. Denn wie auch der CS-80 ist der Synthesizer in der Lage, polyphonen Aftertouch und sogar MPE zu verarbeiten.

Diesem lassen sich Parameter wie LFO-Rate, -Modulationstiefe der einzelnen Ziele der LFO-Sektion, Brillanz, oder die Cutoff-Frequenz der einzelnen Filter zuweisen. Dadurch entstehen sehr lebendige Sounds, besonders Pads und Leads profitieren von diesem Feature.

Wo sind der Ringmodulator und weitere CS-80-Gimmicks?

Wenn man CS-80 sagt, muss man eigentlich auch Ringmodulator sagen. Denn dieser trägt wesentlich zum Gesamtsound bei. Dumm nur, dass man sich das bei Black Corporation noch einmal extra versilbern lässt. Mit anderen Worten: Wer darauf Wert legt, muss dem Unternehmen noch einmal 400 $ auf den Tisch legen, MwSt und Zoll kommen noch on top.

Habe ich schon erwähnt, dass man dafür nur den Bausatz bekommt? Falls ihr wie ich zu den talentfreien DIY-lern gehört, müsst ihr dann noch einmal minimum 200 € für den Aufbau berappen. Oder eben direkt vom Hersteller aufgebaut zum Schnapperkurs von 999 $ – Zoll und MwSt. nicht inklusive!

Nur als separater Bausatz erhältlich: Ringmodulator und Effekteinheit des Deckard's Dream MKII
Nur als separater Bausatz erhältlich: Ringmodulator und Effekteinheit

Dafür stehen euch neben dem Ringmodulator dann auch Reverb, Tremolo und Delay (Chorus, Flanger) zur Verfügung. Den Expander hatte ich nicht hier, also kann ich zur Klangqualität nichts sagen. Eleganter wäre es aber allemal gewesen, diese Features gleich in der Unit zu haben.

Deckard’s Dream MKII: Welche Alternativen gibt es?

Damit können wir fast schon zum Fazit übergehen. Denn wirklich viele Alternativen zum Deckard’s Dream MK II gibt es nicht, jedenfalls nicht in Hardware-Form. Zwar hat Behringer bereits seit gefühlt einem Jahrzehnt einen CS80-Clone angekündigt. Ob dieser aber jemals im Handel verfügbar ist, weiß wahrscheinlich nicht einmal Behringer selbst.

Klanglich kann man auch dem MFB Synth Pro eine Nähe zu Yamaha’s CS-Serie attestieren. Leider ist dieser aber nur noch gebraucht erhältlich. Und teilweise sind die Exemplare zudem recht verbuggt (man sollte alles unter der V4 ignorieren). Zusätzlich ziehen die Gebrauchtmarktpreise hier sehr schnell an. Das überrascht nicht, denn zu dem Kurs bietet der MFB Synth Pro immer noch ein sensationelles Angebot und tollen Sound.

Wirkliche Alternativen gibt es derzeit also nur in Form von Software-Synthesizern, wobei man hier auf die Haptik und das analoge „Mojo“ verzichten muss. Falls das kein Problem ist, seien die Emulationen Arturia CS-80 V, Memorymoon ME-80, oder Cherry Audio GX-80 ans Herz gelegt.

Wenn es keine analoge Hardware sein muss: Arturia CS-80 V bietet ebenfalls einen überzeugenden Sound
Wenn es keine analoge Hardware sein muss: Arturia CS-80 V bietet ebenfalls einen überzeugenden Sound

Black Corporation Deckard’s Dream MKII: Fazit

Puh, was soll ich sagen? Einerseits klingt der Deckard’s Dream MKII richtig gut. Andererseits hinterlassen mangelnde Detailverliebtheit, vor allem aber das Fehlen von Ringmodulator, Effekten und nicht zuletzt der hohe Preis einen durchwachsenen Gesamteindruck. Sicherlich darf man ein Instrument wie Deckard’s Dream MKII nicht mit Behringer vergleichen. Dagegen sprechen nicht nur die kleine Auflage, sondern auch Handarbeit in Japan etc.

Und wenn Moog im Jahr 2022 für seinen Minimoog 6000 € aufruft und Oberheim mit dem OB-X8 auch in dieser Preisregion wildert, dann wirken die 5000 Euro für Deckard’s Dream MK2 wieder in einem anderen Licht. Vom Preis für einen gebrauchten CS-80 will ich gar nicht erst anfangen.

Daher lautet mein Fazit: Eine ganz klare Empfehlung für jeden guten DIY-ler und eine eingeschränkte Empfehlung für alle, die einen satt klingenden Synth suchen, dessen Sound und Herangehensweise eine interessante Alterantive zu bestehenden Synths bietet. Wer nur ein bisschen CS-80 benötigt, sollte sich eher einen VST-Clone ins Studio holen.

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