Analogue Solutions Leipzig V3 Test
Das britische Unternehmen Analogue Solutions hat mit dem Leipzig V3 mittlerweile die dritte Revision des Analogsynthesizers vorgestellt. Und auch in dieser Version hat sich zumindest am bewährten Konzept nichts geändert: Brutal guter und unverfälschter Analogsound mit flexibler Klangerzeugung trifft auf komfortable Bedienung. Wie sich der Synthesizer für elektronische Musik schlägt, erfahrt ihr im Analogue Solutions Leipzig V3 Test. Doch zuerst gibt es wie immer ein Demovideo zur Einstimmung.
Analogue Solutions Leipzig V3: Erster Eindruck
Der Leipzig präsentiert sich schnörkellos vintage-analog: Jede Funktion hat ihren eigenen Drehregler oder Schalter, es gibt keine Displays und speichern kann man auch nichts. Hier ist immer genau das angesagt, was man auf dem Gerät sieht. Die Verarbeitung ist dabei insgesamt gut, lediglich die Regler erscheinen manchmal etwas wacklig. Trotzdem fühlt sich das Arbeiten mit dem Leipzig gut an und der angenehme Drehwiderstand der Regler hinterlässt einen hochwertigen Eindruck.
Neben einer kleinen Patch-Matrix auf der Oberfläche finden sich auf der der Rückseite eine noch überschaubarere Anzahl an Anschlüssen zur Integration ins Studio. Neben einem Mono-Ausgang gut es hier den Spannungsschalter, sowie ein MIDI Duo bestehend aus MIDI In – und Thru. Schön wäre ein USB-Anschluss zur MIDI-Kommunikation gewesen, da kleinere Studios heutzutage auch mal komplett auf MIDI-Interfaces verzichten.
Die eben erwähnte Patchbay ist eher ein nett gemeintes Add-On, da sich die meisten Patch-Verbindungen genauso gut über die Regler auf der Oberfläche herstellen lassen. Hier hätte ich mir echt mehr Flexibilität gewünscht. Andererseits bietet der Leipzig diese dann eben in Form von Reglerstellungen in der Modulationssektion. Doch dazu später mehr.
Oszillatoren
Die Pulswelle ist beim Leipzig sehr flexibel ausgefallen und lässt sich vom wunderbar bauchigen Rechteck bis hin zum extrem schmalen Nadelimpuls regeln. Das kann entweder manuell erfolgen, oder man wählt den LFO, oder die zweite Hüllkurve, als Modulationsquelle aus. Der Sägezahn ist nicht ganz so obertonreich, erzeugt auf der anderen Seite aber recht intensiven Tiefenschub. Klanglich sehe ich ihn deutlich näher bei Moog als bei Doepfer oder Cwejman.
Ein ausgefalleneres Feature im Leipzig ist, Glide für beide Oszillatoren separat einzustellen. Gerade in Kombination mit Sync oder FM entstehen dadurch recht spannende Klänge, die man anderswo nicht bekommt. Abschließend gibt es noch die Möglichkeit externe Audiosignale in die Klangerzeugung einzuschleifen oder alternativ Rauschen hinzu zu mischen.
Filter
Beim Filter handelt es sich um eine klassische 24 dB Moogkaskade. Da das mittlerweile die häufigste Filtervariante seine dürfte, halte ich mich bei der Beschreibung des Sounds kurz: Das Filter liefert einen cremigen Vintage-Klang, der mit steigender Betonung der Eckfrequenz (Resonanz) aber auch gut an Bass verliert. Cutoff lässt sich stufenlos an die Tonhöhe koppeln. Das Tracking ist auch bei Klängen, die auf Selbstoszillation des Filters aufbauen, über mehrere Oktaven hinweg recht sauber.
So gut das Filter auch klingt würde ich mich sehr über eine zusätzliche Implementierung der hervorragenden SEM-Variante freuen, die Analogue Solutions bereits im Telemark und Semblance verbaute. Das ist aber eher mein persönlicher Wunsch und beeinflusst den Gesamteindruck nicht, den dieser wirklich gute Synth hinterlässt.
Sequencer
Ein zentrales Element des Leipzig ist sein interner Sequencer. Oder besser gesagt, seine beiden Sequencer, denn der Synthesizer bietet einen 8-Step-Parameter-Sequencer, der über die acht Drehregler im unteren Bereich programmiert wird. Dieser steuert die Tonhöhe von Oszillator 1, Oszillator 2, sowie die Cutoff-Frequenz des Filters. Die Modulationsintensität lässt sich dabei für jedes Ziel separat einstellen, was besonders gut bei Cross-Modulationen kommt.
Parameter-Sequencer
Der 8-Step-Sequencer lässt sich intuitiv bedienen und es entstehen schnell „happy Accidents“, eine Stärke, die viele analoge Stepsequencer mitbringen. Trotzdem oder vielleicht genau deswegen hätte ich mir aber gewünscht, dass man den Sequencer noch weiteren Zielen zuweisen könnte.
Schon wäre es gewesen, wenn man den CV-Out des Sequencers über die Modulationsmatrix links auch für LFO-Speed, OSC-Volume usw. nutzen könnte. Auch wäre es klasse gewesen, die Stepzahl begrenzen zu können, um auch krumme Werte wie fünf oder sieben Steps nutzen zu können.
Ebenso fehlt dem Sequencer Gate oder zumindest Note On/Off um Pausen zu generieren. Zwar kann man das mit einem Trick ansatzweise simulieren, indem man den zweiten Oszillator bei einzelnen Steps deaktiviert. Allerdings funktioniert das nur, wenn für diesen Pulse ausgewählt wurde und der erste Oszillator nicht spielt. Dieses Feature sehe ich daher eher als spannendes Experimentierfeld, aber nicht im Sinne klassischer Pausen.
Live Sequencer
Der zweite Sequencer ist etwas versteckt und recht ungewöhnlich in der Programmierung. Denn im Gegensatz zu den typischen Sequencern handelt es sich hierbei um einen Live-Sequencer, der jeweils die letzten sechzehn eingespielten Noten im Loop spielt. Das ist anfangs echt gewöhnungsbedürftig und womöglich hätte der ein oder andere die klassische Variante bevorzugt. Vielleicht ist es hier sinnvoll, das Mindset etwas ans Gerät anzupassen und den Live-Sequencer rein experimentell zu betrachten.
Denn als ich mich auf das Konzept einließ und während der Wiedergabe immer wieder mal einzelne Steps ausgetauscht habe, lernte ich, den alternativen Ansatz zu schätzen. In der Folge entstanden etliche Sequenzen, die ich niemals so einprogrammiert oder gezielt eingespielt hätte. Hat man eine gute Sequenz gefunden ist es essentiell, direkt den Transpose-Mode zu aktivieren. So verhindert man, dass in der Hektik der Performance ein perfekter Loop wieder überschrieben wird und verschiebt lediglich die Tonhöhe der kompletten Sequenz.
Hüllkurven und LFO
Die beiden ADSR-Hüllkurven des Leipzig sind zackig und verfügen über sehr musikalische Kurvenverläufe. Runde Moogbässe sind dadurch ebenso möglich wie schnelle Percussion-Sounds und langsam einfadende Drones.
Der LFO bietet die Schwingungsformen Dreieck und Rechteck und ist damit eher rudimentär ausgestattet. Immerhin reicht die Geschwindigkeit bis in den unteren hörbaren Bereich, dürfte mitunter aber gerne auch etwas schneller sein. Andererseits bietet der Leipzig für FM und Crossmodulation etliche Möglichkeiten, die man in den entsprechenden Sektionen zur Auswahl der Modulationsquellen findet. Dadurch gelingen auch metallische Klänge, vokale Sounds und aggressivere Texturen problemlos.
Auf der linken Seite befindet sich eine überschaubare Auswahl an CV-Gate Anschlüssen, die gerne umfassender sein könnte. Hier hätte ich mir vor allem CV-Steuerung der LFO-Frequenz und mehr Ein- und Ausgänge für die Oszillatoren gewünscht. So bleibt es nur ein nettes Add-On, um die Funktionen auch mit externen Synths zu nutzen. Aber einen echten Mehrwert bringt die Matrix nicht mit.
Analogue Solutions Leipzig V3 Test – Fazit
Die dritte Version des Leipzig von Analogue Solutions konnte im Test klanglich absolut überzeugen. Sicherlich sind die aufgerufenen 1200 € nicht gerade günstig, wenn man sich auf dem Markt umsieht. Man sollte dabei aber nicht außer Acht lassen, dass es sich bei Analogue Solutions um eine recht kleine Firma handelt, die ihre Synthesizer mit viel Liebe zum Detail in Handarbeit fertigt. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass günstigere Preise aufgrund größerer Produktionsvolumen nicht möglich sind.
Wer beim Kauf vor allem auf das Budget guckt, wird sich den Analogue Solutions Leipzig V3 wohl nicht zulegen. Zu groß ist die Auswahl in dem Bereich und zu umfangreich ist die Ausstattung bei den Mitbewerber-Synths von Moog, MFB, Dreadbox etc.
Wenn man sich für einen Leipzig entscheidet, möchte man genau diesen Sound. Und der ist über alle Zweifel erhaben: Der Synth klingt unheimlich voll und vintage, bietet einen weiten Sweet Spot und fügt sich gut in den Mix ein.