Erica Synths Zen Delay Test und Video
Das Zen Delay entstand als Kooperation zwischen Erica Synths, dem Kultlabel Ninja Tune und Dr. Walker, der seit Jahren mit seinem Liquid Sky Künstlerkollektiv die elektronische Musikszene inspiriert. Zugegebenermaßen war mein erster Gedanke hier trotzdem „Ein externes Delay für fast 600 € ? Sportliche Ansage!“ Die Messlatte ist also ziemlich hoch gesteckt. Ob das schicke Desktop-Gerät die wirklich hohen Erwartungen erfüllt, erfahrt ihr in dem Erica Synths Zen Delay Test.
Erster Eindruck
Kaum angekommen, fiel mir gleich das liebevoll minimal gestaltete Verpackungsdesign auf. Nicht, dass das irgendwie wichtig wäre, aber es bringt einen gleich in die richtige Stimmung. Das Zen Delay ist nicht nur optisch sehr ansprechend, auch die Verarbeitung überzeugt auf ganzer Linie. Denn die großen Drehregler haben alle einen angenehmen Widerstand, die Taster sitzen gut und selbst die Anschlüsse vermitteln ein robustes Gefühl. Das Zen Pedal ist solide für den Tour-Einsatz und trotzdem edel genug, um im Studio als Deko-Objekt durchzugehen.
Erica Synths Zen Delay – Die Klangbearbeitung
Und damit kommen wir zum entscheidenden Abschnitt. Was bietet das Zen Delay? Und vor allem: Wie klingt es denn nun?
Das Zen Delay teilt sich in drei Sektionen auf: Die fünf Delay-Modi, ein analoges Multimode-Filter mit Resonanz und eine Verzerrerstufe „Drive“. Das Filter klingt eher weich und geschmeidig, selbst bei höheren Resonanzwerten. Selbstoszillation ist möglich, aber auch hier pfeift der Sound eher rund mit einer leichten Sättigung. Wenn man es brutaler mag, kann man auf zwei Wege das Signal noch einmal heißer fahren.
Zum einen ließe sich hierfür einfach der Gain des Eingangssignals höher ziehen. Zum anderen steht mit dem Drive-Regler fein dosierbare Röhrensättigung bereit, die jeden Klang zerstören kann. Alleine die Kombination aus Gain, Röhrensättigung und Filter klingt wahnsinnig gut und scheint mir perfekt aufeinander abgestimmt zu sein. Selbst wenn es sich beim Zen Delay um Röhrensättigung handelt, erinnert mich der obertonreiche Klang eher an ein gutes Distortion-Pedal. Das ist keineswegs schlecht, gerade für härtere Industrial-Drones oder Techno-Produktionen ist diese Variante ergiebiger. Und wenn man es doch etwas sanfter mag, kann man die Sättigung dank der großen Regler schließlich sehr fein justieren.
Die fünf Delay-Modi im Zen Delay
Unten links wählt man per gerastertem Drehpoti zwischen den verschiedenen Delay-Typen. Zur Auswahl stehen dabei Tape-Delay und Digital-Delay, jeweils einmal in mono und einmal in stereo. Die Delay-Zeiten reichen von 3ms bis hin zu langen Zyklen von bis zu 3 Sekunden. Mit dem letzten Firmware-Update kann das Zen Delay auch zur externen MIDI-Clock synchronisiert werden.
Der fünfte Modus hört auf den Namen „Vintage“ und ist eine Mischung aus Tape Delay und Bit Crusher. Vintage ist immer dann gut, wenn man das Eingangssignal auf radikale Weise zerstören möchte. Im Video kann man das bei rund 6:50 ganz gut hören.
Tape und Digital Delay
Die beiden Hauptmodi sind für die meisten Musiker sicherlich Tape Delay und Digital Delay. Das Tape Delay verhält sich genauso, wie man es von einem satten analogen Bandecho erwartet: Die Höhen werden mit zunehmender Wiederholung gedämpft und bei höheren Feedback-Einstellungen fährt man das Delay schön in eine crunchige Selbstoszillation. Hier muss man allerdings etwas aufpassen, denn die Selbstoszillation setzt vergleichsweise früh ein, nämlich bei etwa 3/5 des Regelwegs. Verändert man im laufenden Betrieb die Delay-Zeit, reagiert das Zen Delay darauf – ganz wie bei der Originalvorlage – mit einer Verschiebung der Tonhöhe.
Das digitale Delay betont insgesamt die Höhen etwas mehr, man sollte sich aber vom „Digital“ in der Modusbeschreibung nicht blenden lassen: Auch hier ist der Charakter eher mit LoFi und körnig zu beschreiben, wenngleich die Tonhöhe bei Veränderung der Delay-Zeit stabil bleibt. Der LoFi-Charakter im Digital-Modus führt leider mitunter zu einem nicht sehr angenehmen Pfeifton, der sich vor allem bei höheren Resonanzwerten bemerkbar macht.
Besonders gut gelungen finde ich, dass das Delay mit Aktivierung des Bypass-Schalters nicht stoppt. Sobald man das Delay wieder anschaltet, sind die Wiederholungen im gleichen Rhythmus wie vorher zu hören. Für Live-Anwendungen ist dieser „Kill“ ein richtig cooles Feature.
Etwas vermisst habe ich lediglich einen LFO, besser gesagt zwei: Einen für die Filtersektion und einen weiteren für die Delay-Zeit. Denn bei derart kurzen Delay-Zeiten hätte das Zen Delay auch einen richtig guten Chorus / Flanger abgegeben.
Erica Synths Zen Delay Test – Fazit
Selten hat mich ein externes Effektgerät so sehr überzeugt wie das Zen Delay von Erica Synths. Sowohl die gute Verarbeitung als auch der charaktervolle Sound sprechen für das Teil. Und das Wichtigste: Das Zen Delay lädt zum Spielen und Experimentieren ein. Ich würde sogar soweit gehen es nicht bloß als reines Delay zu sehen, sondern vielmehr als kreative Ideenschleuder für elektronische Musik. Zwar hat das Zen Delay seinen Preis, aber der Gegenwert ist auf jeden Fall vorhanden. Von meiner Seite aus also eine klare Kaufempfehlung für alle, die ihre Basics mit Synthesizern und Rechner schon abgedeckt haben.