Erica Synths Nightverb: Reverb für den Live-Einsatz?

Erica Synths Nightverb Test

Erica Synths Nightverb ist ein Stereo-Reverb im Desktopformat. Es ging aus einer Kooperation mit der renommierten Softwareschmiede 112dB hervor. In einem kompakten Desktop‑Formfaktor untergebracht, bringt das Nightverb dedizierte Regler für fast jeden Parameter mit und ist somit ideal für den Live‑ und Studioeinsatz. Klanglich setzt man hier auf Charakter statt neutraler Raumsimulation. Doch bevor wir uns das Nightverb näher ansehen, gibt es erstmal etwas zu hören.

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Erica Synths Nightverb in Kürze:

  • Kompaktes Stereo-Reverb mit eigenem Charakter
  • Regler für fast jede Funktion
  • Preset-Morphing
  • Exzellent für experimentelle Klänge und Ambient
  • Kein Werkzeug für neutrale Räume , sondern ein echtes Sounddesign-Tool
Features 8
Sound 9
Bedienung 10
Preis/Leistung 6
PROS
  • Sehr musikalischer, charakterstarker Stereo-Reverb
  • Direkt steuerbar dank 14 Reglern & übersichtlichem Layout
  • Freeze-Funktion inklusive MIDI-Spielbarkeit
  • Solide Verarbeitung, kompaktes Desktop-Gehäuse
CONS
  • Klang möglicherweise zu färbend für subtile Hall-Effekte
  • Umschalten zwischen Normal und Dirty-Modus unterbricht den Klang

Erica Synths Nightverb: Erster Eindruck

Das relativ große Gerät misst etwa 23 × 14,5 × 7 cm, wiegt rund 830 Gramm und kommt in einem stabilen, schwarzen Metallgehäuse mit gummierten Füßen. Die Steuerung erfolgt über 14 dedizierte Potis und einen Endlos-Encoder mit Push-Funktion, unterstützt durch ein kleines OLED-Display für Presets und Menüführung. Insgesamt stehen 100 Presets zur Verfügung, wovon knapp 30 bereits ab Werk vorprogrammiert sind.

Die Verarbeitung hinterlässt einen soliden Eindruck: Die Potis haben einen angenehmen Widerstand, alle Elemente sitzen fest, und auch die Line-Anschlüsse auf der Rückseite vermitteln Langlebigkeit.

Erica Synths Nightverb Anschlüsse
Erica Synths Nightverb Anschlüsse

Die Klangerzeugung im Nightverb

Die Nightverb basiert auf einem eigens entwickelten Stereo‑Algorithmus, der extrem lange Hallfahnen erlaubt , ohne dabei an harmonischer Klarheit zu verlieren. Die Reverb-Parameter steuern u.a. Größe, Feedback, Pre‑Delay (bis 200 ms), sowie zwei separate EQs für High- und Low. Letzteres ist immer dann praktisch, um den Sound in einer Live-Situation schnell von unnötigem Ballast zu befreien, oder den Höhen etwas mehr Glanz mitzugeben.

Hinzu kommen ein „Shape“-Regler für das Verhältnis von Early- zu Late‑Reflektionen, und ein Regler für die Stereo-Breite, die beim Nightverb von mono bis 200 % reicht.

Modulation & Freeze

Mit dem Spin-Regler kann man dem Hall subtile Modulationen hinzufügen, was besonders bei langen Decay-Zeiten für etwas Bewegung und Leben im Klang sorgt, insgesamt aber eher subtil eingreift.

Shape verändert das Verhältnis der frühen und späten Reflexionen und erlaubt dadurch eine weitreichende Gestaltung des Raumcharakters. Das Feedback lässt sich von kaum merklich bis hin zu nahezu unendlich langem Sustain einstellen.

Ein besonderes Feature ist die Freeze-Funktion, mit der sich eine laufende Hallfahne einfrieren lässt. Diese lässt sich anschließend über MIDI sogar (monofon) chromatisch spielen – ein kreatives Werkzeug, das für Ambient-Performer und Sounddesigner interessant sein dürfte.

Erica Synths Nightverb

Preset-Morphing

Damit das Reverbsignal beim Preset-Wechsel nicht plötzlich unterbrochen wird, hat Erica Synths das Preset-Morphing implementiert. Einmal aktiv, legt man einen Zeitraum zwischen 0,1 und 10 Sekunden fest, innerhalb dessen der Übergang zwischen zwei Presets nicht hart, sondern musikalisch weich verläuft.

So eine Überblendung hätte ich mir auch beim Wechsel in den 12-Bit-Modus gewünscht. Mit diesem wird der Klang des Reverb deutlich körniger. Ein Umschalten hat aber auch immer zur Folge, dass die Reverbfahne für einen Moment komplett abreißt.

Klang & Reverb-Charakter

Das Nightverb klingt künstlich – und das im besten Sinne. Der Klang ist groß, dicht, texturiert, manchmal fast metallisch oder synthetisch. Er erinnert mitunter an eine Mischung aus Vintage-Digitalräumen und einer düsteren Variante eines Strymon Big Sky, und bringt dennoch einen ganz eigenen Charakter mit. Wem das noch nicht reicht, kann dem Signal im 12-Bit-Modus noch mehr Schmutz mitgeben.

Während auch kleine Räume möglich sind, liegt die wahre Stärke des Geräts ganz klar im Bereich der weitläufigen, atmosphärischen Hallräume und Ambient-Soundscapes. Wer ein neutrales, transparentes Reverb sucht, wird hier nicht fündig – stattdessen bekommt man ein Effektgerät, das sich stark in den Gesamtklang einmischt und ihn färbt. Das ist nicht immer subtil, aber dafür umso musikalischer. Im Gegensatz zu anderen Charakter-Reverbs geht das Nightverb dabei eher eine Symbiose mit dem Ausgangsmaterial ein, statt sich wie eine separate Schicht darüber zu legen.

Erica Synths Nightverb

Studioalltag mit dem Erica Synths Nightverb

Das Bedienkonzept überzeugt durch seine Direktheit: Fast jeder wichtige Parameter hat seinen eigenen Regler, was nerviges Menü-Diving weitgehend überflüssig macht. Die Presetverwaltung ist klar strukturiert, das OLED-Display klein, aber übersichtlich. Besonders praktisch ist der Morph-Zeitraum beim Preset-Wechsel, der klangliche Übergänge fließend macht – ideal für Live-Performances.

Über den Magic-Button lassen sich alle Parameter zufällig neu einstellen – perfekt für Inspiration und Experiment. Etwas störend wirkt jedoch, dass beim Umschalten zwischen dem normalen und dem „Dirty“-Modus der Effekt abrupt unterbrochen wird. Eine weichere Übergangsphase wäre hier wünschenswert gewesen – ob das technisch möglich wäre, bleibt offen.

Erica Synths Nightverb: Welche Alternativen gibt es?

Im Vergleich zu Reverb-Klassikern wie Strymon Big Sky oder Eventide Space ist das Nightverb deutlich charakterstärker und weniger hi-fi-orientiert. Wer möglichst transparente, natürliche Räume sucht, wird bei anderen Anbietern wie etwa BOSS besser bedient.

Wer jedoch den Hall-Effekt als kreative Klangquelle, ja als eigenes Instrument versteht, findet im Nightverb eine inspirierende Alternative. Auch im Vergleich zu vielen modularen Reverb-Modulen bietet es deutlich mehr Bedienkomfort bei vergleichbarem Soundpotential – und das ganz ohne Patchkabel.

Fazit: Erica Synths Nightverb Test

Das Erica Synths Nightverb ist ein expressives, intuitives Reverb mit starkem Charakter; kein reiner Raumklangprozessor, sondern ein aktives Klangwerkzeug. Ob für Ambient, experimentelle elektronische Musik oder expressive Live-Performances: Wer sich auf das Nightverb einlässt, wird mit einzigartigen Klangwelten belohnt.

Die Freeze- und Morphing-Funktionen eröffnen neue kreative Ansätze, und die durchdachte Oberfläche sorgt für einen flüssigen Workflow. Einschränkungen gibt es bei der klanglichen Neutralität – aber genau das ist es, was dieses Gerät so besonders macht.

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