Welche DAW für elektronische Musik? Die besten Musikprogramme
Voraussichtliche Lesedauer: 16 Minuten
Du möchtest Techno, Ambient, House oder andere elektronische Musik mit dem Computer produzieren? Wenn du noch ganz am Anfang stehst, wirst du dir neben ein paar Grundanschaffungen wie Kopfhörer, Studiomonitore oder Audio-Interface natürlich auch die Frage stellen: Welche DAW für elektronische Musik passt am besten für die eigenen Zwecke?
Zunächst empfehle ich erstmal zu schauen, was eventuell schon vorhanden ist. Denn im Lieferumfang vieler Soundkarten und Controllern findet sch bereits eine abgespeckte Version der bekanntesten DAWs. Häufig sind das Ableton Live Lite, Bitwig Studio 8-Track, Presonus Studio One Artist oder Cubase LE.
Die besten DAWs für Techno, Ambient und co.
Ableton Live
Ableton Live hat die elektronische Musikszene seit dem ersten Release im Sturm erobert. Der intuitive Zugang und die flexiblen Möglichkeiten setzten sich damals von den linearen Konzepten der Mitbewerber ab. Vor allem die Session-View von Ableton lädt zum jammen ein und verhält sich dabei eher wie ein Instrument. Wer es klassischer mag, kann von vornherein auch die Arrangement-View nutzen, bei der sich Ableton wie eine klassische DAW verhält, also die einzelnen Spuren in einem großen Fenster von links nach rechts wiedergibt.
Hinzu kommt noch, dass sich im Lieferumfang vieler Hardware-Produkten wie Audio-Interfaces oder MIDI-Controllern mit Ableton Live Lite eine Einsteigerversion der populären DAW findet. Viele Anfänger dürften damit auch erste Berührungspunkte haben und dann häufig bei der DAW bleiben. Zumal das Internet voll ist mit Ableton Tutorials für elektronische Musik.
Intuitiver Wokflow für elektronische Musik
Ich empfehle Ableton Live ganz klar für elektronische Musik. Der Workflow erschließt sich schnell und die Möglichkeiten sind auch nach Jahren der Nutzung noch nicht ausgereizt. Die internen Synthesizer und Sampler klingen ebenso wie Abletons Effekte sehr gut, wobei gerade bei Mastering- und Mixing-Aufgaben die Bordmittel von DAWs wie Logic noch einen minimalen klanglichen Vorsprung haben.
Im Endeffekt werden die meisten User früher oder später aber ohnehin noch spezialisierte PlugIns von Drittanbietern nutzen, insofern fällt dieser Punkt nicht so stark ins Gewicht. In Kombination mit der modularen Programmiersoftware Max4Live gibt es zudem noch eine Vielzahl an weiteren Klangerzeugern, MIDI-Tools und Effekten. Oder um es abschließend mal etwas drastischer zu formulieren: Wenn man es mit Ableton nicht schafft Produktionen auf Profi-Niveau zu erstellen, wird es wahrscheinlich auch mit anderen DAWs nicht klappen. Ich empfehle bei Ableton gleich auf die große Version „Suite“ zu gehen, da diese Max4Live und alle Instrumente / Effekte enthält. Auch wenn man vielleicht nicht gleich am Anfang alles nutzt, kommt man doch schneller an den Punkt, mehr zu wollen.
Ein kleiner Tipp: Solltet ihr noch kein Audio-Interface oder MIDI Controller besitzen, guckt mal, ob euer Wunschkandidat Ableton Live Lite im Lieferumfang hat. Ein Upgrade ist günstiger als direkt die Vollversion zu kaufen.
Imageline FL Studio
Als zweiter Platzhirsch hat sich FL Studio für elektronische Musik etabliert. Mittlerweile in der Version 20 angekommen, entstand aus der damals noch Fruity Loops genannten eine umfangreich ausgestattete DAW inklusive Synthesizern, Audio-Aufnahme, Effekten usw.
Auch wenn FL Studio optisch nach wie vor noch stark den Charme der 90er-Jahre versprüht, kann man damit hervorragende Tracks produzieren. Der Workflow orientiert sich hier etwas stärker am Groovebox-Konzept. Wer sich mit Pattern-Programmierung und Arrangement wohl fühlt, wird sich auch bei FL Studio schnell zurechtfinden. Dieses Erbe ist in der Software zwar omnipräsent, lässt sich mittlerweile aber auch gut umschiffen. Wenn man eher auf den Workflow einer klassischen DAW Wert legt, ist das mit FL Studio aber ebenso möglich.
FL Studio gibt es in verschiedenen Versionen, wobei ich für den Start die Producer Edition empfehlen würde. Hierin enthalten ist eine gute Auswahl an Klangerzeugern, Samples und Effekten. Bei dem Preis von rund 180 € erhält man zudem lebenslange Updates.
Cubase, Logic & Co
Cubase und Logic Pro (nur für Mac) habe ich parallel aufgeführt, da sie stellvertretend für die klassischen DAWs stehen. Dazu gehören auch PreSonus Studio One, Avid Pro Tools oder Cockos Reaper. Im Gegensatz zu Ableton, Bitwig, FL Studio etc. konzentrierten sich klassische DAWs zunächst am Prinzip älterer Studios. Das äußert sich darin, dass man zunächst in einem Arrangement-Fenster arbeitet, das linear von links nach rechts durchläuft. Das gibt es zwar auch bei den anderen DAWs. Dort findet der Erstkontakt meistens aber im Session-Fenster statt, den ich durch den nicht-linearen Zugang für inspirierender halte. Das haben anscheinend auch die Entwickler traditioneller DAWs erkannt. Und so findet sich mittlerweile auch in Logic ein nicht linearer Clip-Launch-Modus wie bei Ableton oder Bitwig.
Natürlich sind die Möglichkeiten immens und die Unterschiede zwischen den DAWs meistens eher in den Details versteckt. Elektronische Musik kann man mit allen DAWs machen. Neben der linearen und nicht linearen Wiedergabe von Clips ist ein weiterer größerer Unterschied, dass meistens nur die klassischen DAWs Noten auch als Partituren ausgeben. Wie relevant das für euch ist, müsst ihr selbst entscheiden.
Audiobearbeitung
Ein weiterer erwähnenswerter Unterschied liegt in der Bearbeitung von Audio-Dateien. Mit den sehr guten Echtzeit-Timestretching-Algorithmen von Ableton (Warp Modus) und Bitwig können viele andere DAWs noch nicht mithalten. Das ist vor allem dann relevant, wenn man viel mit Stems arbeitet oder live mal eben einen Loop importieren möchte. Dafür punktet PreSonus bei Studio One Professional mit einer Integration der populären Vocal-Bearbeitungssoftware Melodyne essentials. Wenn ihr vorhabt viel mit Vocals zu arbeiten, wäre dieses wichtige Tool dafür bereits in der DAW enthalten.
Bitwig
Bitwig hatte seinen Ursprung als Projekt ehemaliger Ableton-Entwickler. In Bitwig finden sich viele Ideen, die man im Ableton-Konzept anscheinend nicht vorgesehen hatte. Und so ist es nicht verwunderlich, dass Bitwig anfangs noch sehr stark an Ableton erinnerte, allerdings mit einigen Abweichungen im Detail.
So unterstützt Bitwig die Möglichkeit, mehrere Fenster auf einem Bildschirm darzustellen. Daher kann man hier Session- und Arrangement-Fenster auch gleichzeitig im Blick behalten, was gerade in Verbindung mit einem zweiten Monitor vorteilhaft ist. Zudem unterstützt Bitwig Touchscreens vollständig, sodass man die DAW bequem mit einem Tablet-PC oder einem Touch-fähigen Monitor ohne Mouse bedienen kann.
Im Laufe der Jahre kamen weitere Optimierungen hinzu, wie der fast komplett modulare Aufbau, der spätestens mit „The Grid“ in Version 3 perfektioniert wurde. Das gibt es zwar auch bei Ableton mit Max4Live, bei Bitwig ist diese Modularität aber fest integrierter Bestandteil der Software. Man kann also wie bei einem Modularsystem einzelne Komponenten, seien es Sequencer, Effekte oder Klangerzeuger erstellen und frei miteinander verbinden.
Bitwig ist neben Windows und Mac außerdem kompatibel mit Linux und liegt mit rund 390 € preislich im Mittelfeld.
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Renoise
Einen ganz anderen Ansatz verfolgt Renoise. Diese DAW steht in der Tradition von sogenannten Trackern. Dabei werden Instrumente, Tonhöhe , Velocity und andere Werte pro Step programmiert. Die visuelle Wiedergabe läuft hier nicht von links nach rechts, sondern von oben nach unten.
Das ist zwar ein gutes Unterscheidungsmerkmal zu anderen DAWs, für sich genommen aber noch nichts wirklich besonderes. Am Ende unterscheidet sich schließlich nur die Wiedergabedarstellung. Was den Tracker nun so außergewöhnlich macht, ist die völlig flexible Zuweisung von Samples pro Step. Man kann sich natürlich pro Track auf ein Instrument reduzieren, wie es etwa bei einer Kick spätestens im Mixing-Kontext sinnvoll sein dürfte. Richtig spannend wird es aber, wenn man pro Track komplexe Instrumenten-Arrangements aufbaut und sie nacheinander abfeuert.
In vielen Fällen werden Tracker gerne in der IDM und Breakbeat-Szene genutzt, da man mit einem Tracker extrem schnell und gut Beats neu arrangieren kann. Auch spielt hier das Zufallselement stark mit rein. Wenn man zum Beispiel die Elemente eines vorher zerschnittenen Drumloop mit jedem Step (halb) zufällig neu anordnet, entstehen sehr schnell aufregende Beats, die man beim manuellen Programmieren so nicht umsetzen würde. Gleiches gilt auch für Melodien. Wie bei einem Step Sequencer beschäftigt man sich beim Tracker gerne mal etwas länger mit einzelnen Noten und probiert herum, bis es perfekt passt.
Dieser ungewöhnliche Ansatz mag mitunter etwas fremdartig erscheinen, bringt einen auf der anderen Seite aber auch auf völlig neue Ideen. Renoise führt den Tracker-Gedanken zudem noch weiter und bietet etliche Performance-Möglichkeiten, sodass man damit auch gut auf die Bühne gehen oder entspannt jammen kann. Probiert aber vor dem Kauf auf jeden Fall einmal die Demo-Version aus.
Reason
Reason verfolgt noch einmal einen ganz anderen Ansatz. Hier befüllt man ein virtuelles Studiorack mit Klangerzeugern, Sequenzern, Mixern und Effektgeräten. Dadurch kann man sich sein Rack frei zusammenstellen und für zukünftige Projekte speichern.
Seit der Version 9.5 ist Reason ebenfalls in der Lage, VSTs zu integrieren. Damit steht es in Sachen Flexibilität den anderen DAWs kaum nach, ist aber durch den etwas anderen Ansatz fur Umsteiger zunächst etwas gewöhnungsbedürftig. Einsteigern dürfte das aber egal sein, da jede DAW eine gewisse Lernphase voraussetzt. Hier könnte Reason sogar Vorteile gegenüber anderen DAWs haben. Durch das etwas geschlossenere Konzept ist die Gefahr nicht so groß, zu schnell den Fokus zu verlieren.
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Zur Webseite Reason Studios Reason
Gleetchlab – Berna
Elektronische Musik ist längst nicht nur auf den Club beschränkt, sondern hat ihren Ursprung vor rund hundert Jahren. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde über den Globus hinweg intensive Klangforschung betrieben. Damals noch mit dem akademischen Charme eines Messlabors, entstanden dort aufwändige Klanglandschaften.
Für Ambient- und Drone-Künstler, aber auch für alle, die sich für die Historie elektronischer Musik interessieren, hat Gleetchlab diesen Ansatz virtuell umgesetzt. Die Software Berna bietet etliche Oszillatoren, Rauschen, Bandpassfilter, rudimentäre Impulsgeber usw. Zusätzlich gibt es einen Federhall, Bandecho und eine Vierspur-Bandmaschine, um seine Kreationen authentisch festzuhalten.
Berna ist definitiv keine Software, um schnell mal intuitiv ein paar Beats umzusetzen. Trotzdem ist Berna als Exotentipp eine tolle Möglichkeit, die Komfortzone in seinem Studio zu verlassen. Zumal man das virtuelle Experimentalstudio „Berna“ bereits für 12 € bekommt.
Fazit – Die besten DAWs für elektronische Musik
Die beste DAW für elektronische Musik gibt es nicht. In erster Linie muss die Software zu eurem Workflow passen und da hilft es meiner Meinung nach nur, ein paar Proberunden zu drehen. Für den Start würde ich einerseits gucken, was eventuell schon vorhanden ist. Viele Audio-Interfaces und Controller enthalten bereits abgespeckte Intro-Versionen verschiedener DAWs. Sollte das noch nicht vorhanden sein, würde ich mir erst einmal Demo-Versionen zulegen und gucken, ob einem die Software überhaupt zusagt.
Am Anfang sind vor allem so banale Dinge wie Look & Feel, Performance oder schlicht die Kompatibilität mit dem genutzten Betriebssystem entscheidend. Wenn euch also FL Studio mehr zusagt als etwa Cubase, Bitwig euch optisch besser gefällt als Ableton, dann geht erstmal diesen Weg und lernt, die DAW zu nutzen. Das angelernte Wissen ist weitgehend übertragbar, solltet ihr euch einmal doch für eine andere DAW entscheiden. Am wichtigsten ist es aber, dass ihr erstmal Spaß am Musikmachen habt und dadurch am Ball bleibt. Alles andere sind nur Werkzeuge.
Weitere Links
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