Erica Synths LXR-02 Test: Digitaler Drum Synthesizer
Erica Synths LXR-02 ist eine komplett digitale Drum-Machine, die in Zusammenarbeit mit Sonic Potions entstand. Ursprünglich ein DIY-Projekt, erweiterte Erica Synths die spannende Idee, spendierte dem LXR-02 noch ein solides Gehäuse und liefert es nun als Drum Computer für Nichtlöter aus. Wie gut das Ergebnis ist, erfahrt ihr im Erica Synths LXR-02 Test. Doch zuerst gibt es ein Demovideo mit Patches aus dem Erica Synths LXR-02 Sound Pack.
Erica Synths LXR-02 Test. Erster Eindruck: Verarbeitung und Anschlüsse
Gleich nach dem Auspacken des LXR-02 wird deutlich, dass es Erica Synths ernst meint. Das kompakte Gerät verfügt über ein angenehmes Gewicht und eine sehr gute Verarbeitung. Die Drehregler und Fader bieten einen wahrnehmbaren Widerstand und die Taster für den Lauflichtsequencer lassen sich leicht aktivieren, ohne dabei filigran zu wirken. Der Regelweg der Fader reicht aus, um auch gezielte Lautstärkeanpassungen vorzunehmen. Lediglich die Minitaster für die Instrumentenauswahl konnten nicht völlig überzeugen, da sie vermutlich wegen der stecknadelkopfgroßen Ausmaße etwas zu stark im Gehäuse wabbeln.
Auf der Rückseite erwarten den User neben der Stereosumme zwei Einzelausgänge, ein MIDI Duo (In / Out), USB-Anschluss, sowie analoge Clock Ein- und Ausgänge nebst Reset-Eingang. Hier kann man echt nichts aussetzen. Die Datenübertragung erfolgt beim LXR-02 per mitgelieferter MicroSD-Karte, deren Slot sich ebenfalls auf der Rückseite befindet. Möchte man Projekte oder Sounds von oder zu einem Computer übertragen, geht das derzeit nur über MicroSD-Karte. Hier hätte ich mir gewünscht, den Datentransfer alternativ per USB-SysEx-Dump vorzunehmen. Allerdings ist das nun auch kein allzu großer Kritikpunkt.
Die Soundengines
Grundsätzlich kann man dem LXR-02 einen eher rohen Klang attestieren. Harte und aggressive Sounds gehen mit dem Drum Synthesizer deutlich schneller von der Hand, als smoothe Ambient-Percussions. Wobei auch letztere durchaus möglich sind, wenn man sich intensiver mit der Sound-Engine beschäftigt. Trotzdem sehe ich den LXR-02 eher in musikalischen Genres wie Techno, Electro, Industrial oder IDM, als in der Chillout-Ecke. Da die Instrumente einige Gemeinsamkeiten haben, sehen wir uns zunächst diese Elemente an und gehen im Anschluss auf die einzelnen Sektionen ein.
Das Filter
Alle Instrumente besitzen ein Multimode-Filter, das zwar ziemlich digital klingt, aber durchaus in der Lage ist, dem Klang ordentlich Charakter mitzugeben. Die Resonanz erschien mir bei höheren Werten oft etwas zu spitz. Bei einer geringeren Dosierung ist das Filter eine gute Bereicherung, wenngleich ich es im Einsatz in erster Linie für leichte Korrekturen nutzte und weniger fürs kreative Sounddesign.
Modulationsmöglichkeiten
Pro Instrument gibt es einen LFO, der über mehrere Schwingungsformen verfügt und zur MIDI-Clock synchronisierbar ist. Neben Sinus, Dreieck und Noise bieten die LFOs noch aufsteigenden und fallenden Sägezahn. Dieser ist neben einer linearen Variante auch in einer exponentlellen Version vorhanden, was besonders in Zusammenhang mit Retrigger eine willkommene Ergänzung für knallende Drum-Sounds ist.
Überhaupt ist die LFO-Sektion ein echtes Highlight, wenn man einmal genauer hinsieht. Denn der Retrigger-Impuls kann von jeder Spur abgeholt werden. Ebenso lassen sich alle LFOs alternativ einer anderen Spur zuweisen, wodurch sich die Parameter eines Instrument theoretisch von bis zu sechs LFOs gleichzeitig modulieren lassen.
Sounddesign-Praxistipp für Nerds: Wir programmieren in Track 2 einen stehenden Bass-Sound, dessen Filterfrequenz von einem Sinus-LFO moduliert wird. Die Kick aus Spur 1 sorgt nun dafür, dass dieser LFO bei jedem gesetzten Step neu getriggert wird.
Gleichzeitig weist man einen zweiten LFO (aufsteigender Sägezahn) – etwa von der Kick aus Spur 1 – der Lautstärke unseres Basses zu. Dieser LFO läuft synchron triolisch zur MIDI-Clock. Alleine mit diesen beiden LFOs erschafft man einen herrlich pumpenden Basslauf, der an Sidechain-Kompression erinnert.
Je nach gewähltem Instrument stehen Pitch- und Amp-Hüllkurven, sowie zusätzlich eine Mod-Hüllkurve zur Vefügung. Die Hüllkurven sind eher rudimentär ausgestattet und auf die Erzeugung von Drum-Sounds optimiert. Für meinen Geschmack lösen sie in den unteren Werten etwas zu grob auf. So kam es einige Male vor, dass bei der Programmierung von zackigen Percussions ein Wert etwas zu langsam war und der nächst niedrigere Wert dann wieder deutlich zu schnell. Immerhin kann man dem etwas entgegenwirken, indem man bei einigen Instrumenten die Hüllkurvencharakteristik frei zwischen exponentiell, linear und logarithmisch überblenden kann.
Drum 1,2 und 3
Beginnen wir in der Instrumentenecke ganz links. Hier befinden sich die drei Wahltaster für Drum 1,2 und 3. Diese verbindet nicht nur der gleiche Name, auch die Klangerzeugung ist bei allen Instrumenten identisch. Am ehesten wird man Drum1, 2 und 3 für Kicks, Zaps, Toms und andere elektronische Percussion nutzen. Falls ihr aber eine weitere Snare oder mehr Hihats benötigt, ist das problemlos mit den vorhandenen Mitteln möglich.
Die Basis bildet neben einem Oszillator mit mehreren Schwingungsformen und Rauschen ein weiterer Sample-basierter Oszillator. Mit diesem layert man zum Beispiel die virtuell analoge Kick mit einer akustischen Kick, oder nutzt eines der Samples, um einen knackigeren Impuls am Anfang hinzuzufügen. Beim Sample kann man die Tonhöhe frei bestimmen und mittels der Modulations-Hüllkurve die Länge verändern, sodass auch kurze Impulse machbar sind. Auf diese Weise sind selbst knackige 808-artige Kicks recht schnell umgesetzt.
Ich betone das, weil der LXR-02 insgesamt eher zu einem rohen Sound neigt, was sich besonders bei Kicks und Percussions bemerkbar macht. Ein Grund dafür dürften die zwei Sättigungsstufen sein, einmal im Filter und eine weitere am Ende der Signalkette vor dem Mixer. Dazu bieten Drum 1,2 und 3 noch rudimentäre Frequenzmodulation inklusive Regler für Tonhöhe und Intensität. Falls man einen weiteren Oszillator für seine Percussion-Sounds braucht, kann man hier übrigens auf die FM verzichten und stattdessen den Modulator frei hinzu mischen. Und sollte das noch nicht reichen, kann man dem Sound zusätzlich noch mit einem Sample-Rate-Reducer zu Leibe rücken.
Snare
Die meisten Features aus der Drum-Sektion finden sich ebenfalls in den anderen Instrumentengattungen wieder, weshalb ich hier nur auf die jeweiligen Besonderheiten eingehe.
Die Snare setzt sich zusammen aus Rauschen und einem Oszillator für den tonalen Anteil. Von den beiden gelangt nur das Rauschen in das Filter. Bei der Snare verzichten wir auf die FM-Möglichkeiten der Drum-Sektion. Dafür erhalten wir hier in der Amp-Hüllkurve Retrigger, wodurch man mit der Snare auch Flams, Rolls und selbst Claps erzeugen kann. Klanglich erinnern mich Snare und auch Clap (nächstes Instrument) sehr stark an Soniccharges Microtonic, den ich als VST für elektronische Musik extrem schätze.
Sehr digital, aber mit Punch und Durchsetzungsfähigkeit überzeugen Snare und Clap durch einen eher aggressiven Sound, den man selbst mit dem Filter kaum zähmen kann. Um trotzdem leichtes Analogfeeling zu bekommen, empfehle ich moderate Lautstärkewerte und leichtes Overdrive hinzuzufügen.
Cymbal / Clap
Die Soundengine der Clap bzw. Cymbals basiert auf 3-Operatoren-FM (zwei Oszillatoren modulieren einen dritten). Parallel stattet auch hier der sample-basierte Transientengenerator das Signal mit einem Anfangsimpuls aus, der bei Bedarf hinzugemischt werden kann.
Durch die FM-Engine ist diese Sektion ideal für metallisch digitale Beckensounds, die man mit etwas Fingerspitzengefühl sogar zu Chordstabs umformen kann. Die Clap klingt wunderbar crunchy, was mit Retriggern der Amp-Hüllkurve noch einmal verstärkt wird.
HiHats
Das letzte Element ist die doppelt ausgeführte HiHat-Sektion, die eine annähernd identische Architektur wie die Cymbals aufweist. Lediglich bei der Amp-Hüllkurve gibt es hier einen Unterschied. Um Open und Closed HiHats zu erzeugen, kann für beide HiHats eine unterschiedlich lange Decay-Zeit eingestellt werden. Zur Programmierung der HiHats stehen zwei Sequencer-Spuren zur Verfügung, bei der die Closed-HiHat die Ausklingphase der Open-HiHat abschneidet, wenn die Decay-Zeit entsprechend lang ist.
Die Effektsektion
Beim Erica Synths LXR-02 lassen sich die einzelnen Instrumente optional in den Insert-Effektkanal schicken. In diesem kann man einen von insgesamt vier unterschiedlichen Effekten auswählen. Dazu weist man dem jeweiligen Instrument „FX“ als Ausgang in der Mastersektion zu.
Das ist vielleicht nicht ganz so flexibel, wie man es sich wünschen würde. Auf der anderen Seite – wenn man etwa den Kompressor als Effekt nutzt – entstehen durch die parallele Wiedergabe mehrerer Instrumente auch interessante Pumpeffekte. Ebenso können bei der Aktivierung von einem der drei Overdrive-Algorithmen der Effektsektion harmonische Verzerrungen auftreten, je nachdem, welche Instrumente gerade wiedergegeben werden.
Neben Overdrive und Kompressor finden sich in der Effektsektion noch ein Ringmodulator für experimentelle und metallische Sounds, sowie ein Delay. Das Delay ist klanglich eher auf der digitalen Seite. Zwar lässt sich der Obertonanteil mit einem Hi-Cut beschneiden. Besser hätte ich es aber gefunden, wenn man parallel die Möglichkeit hätte, auch die unteren Frequenzen zu unterdrücken. Denn das Delay sorgt sehr schnell dafür, dass das Summensignal in den unteren Mitten zugematscht wird. Für den Live-Einsatz würde ich daher eher empfehlen, ein externes Delay an die zwei Einzelausgänge zu hängen. Ebenso habe ich die Möglichkeit vermisst, das Delay anhand von Clock-Werten zur BPM zu synchronisieren. Hoffentlich wird das in einem zukünftigen Update noch nachgereicht.
Sequencer
In einem Projekt kann man mittels Step- und Bar-Taster aus insgesamt 64 Pattern wählen. Für jedes Instrument beträgt die Pattern-Länge bis zu 64 Steps. Dabei sind pro Spur auch unterschiedliche Längen möglich, um polymetrische Beats zu erzeugen. Die Programmierung geht denkbar einfach: Instrument auswählen und Steps aktivieren. Für jeden einzelnen Step kann man Note und Velocity bestimmen, wodurch der LXR-02 auch in der Lage ist, Melodien abzufeuern: praktisch für Bassläufe und tonale Percussions.
Zusätzlich kann man pro Step zwei Parameter automatisieren, was man bei Elektron als Parameter Lock kennt und bei Korg unter dem Namen Motion Sequence läuft. Zunächst erscheinen zwei Parameter etwas wenig. Wenn man sich aber vor Augen führt, dass die Ziele pro Step unterschiedlich sein können, geht mit dieser Funktion einiges.
Mit Trigger-Probabilty bestimmt man letztlich die Wahrscheinlichkeit, ob ein Step wiedergegeben wird. Diese Funktion kennt man ebenfalls aus Elektron Synths wie dem Elektron Digitone und ist besonders bei HiHats oder unauffälligeren Percussion-Sounds eine praktische Sache für abwechlungsreiche Beats.
Fazit: Erica Synths LXR-02 Test
Nach ein paar Anlaufschwierigkeiten meines anfangs etwas verbuggten Erstserienmodells habe ich den LXR-02 mit dem neusten Update voll ins Herz geschlossen. Der rohe digitale Klang ist erfrischend anders. Irgendwie könnte der LXR-02 ein garstiger Bruder des Software-Drumsynths uTonic von Microcharge sein. Oder eine Konzeptstudie für die Elektron Machinedrum.
Auf jeden Fall überzeugt der LXR-02 durch druckvollen Sound, der endlich mal nicht 808 und 909 ist. In erster Linie empfehle ich den LXR-02 daher für Genres wie Techno, Industrial oder IDM. Da kann er durchaus als Primär-Klopfer dienen. Aber selbst für experimentellere Einsätze im Ambient oder Urban Music kann der LXR-02 interessante Gastauftritte haben. Mein Fazit im Erica Synths LXR-02 Test lautet daher: Definitiv einmal ausprobieren!