Behringer Syncussion Test: Drum Synthesizer für Techno und IDM
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Mit dem Syncussion SY-1 knöpft sich Behringer einen Klassiker der elektronischen Musik vor. Im Original vom Drum-Hersteller Pearl im Jahr 1979 auf den Markt gebracht, bietet der Drum Synthesizer zwei unabhängige Klangerzeugungs-Stränge. Dank durchsetzungsfähigem Sound und Flexibilität wurde der SY-1 in den 90ern viel im IDM und Techno eingesetzt. Mittlerweile haben einige Hersteller das Potential erkannt und ihrerseits Clones im Portfolio, darunter nun auch Behringer. Wie gut der Behringer Syncussion SY-1 ist, erfahrt ihr in diesem Test.
Behringer Syncussion SY-1: Auf einen Blick
- Analoger Drum Synthesizer mit zwei unabhängigen Kanälen
- Trotz weniger Parameter überraschend flexible Klangerzeugung
- Tonal über MIDI spielbar
- Hervorragend für experimentelle IDM-Sounds, aber auch harte Techno-Percussion
- Eurorack-fähig
Erster Eindruck
Der Behringer Syncussion SY-1 kommt im typischen Behringer-Desktop-Gehäuse. Das erhält auch mehrere Jahre nach Markteinführung sicherlich keinen Preis für schickes Design, senkt aber aufgrund von Redundanzen in der Fertigung gleichzeitig den Preis. Wer es schicker mag, kann den Syncussion SY-1 schließlich auch aus dem Desktop herausnehmen und in ein Eurorack-Gehäuse seiner Wahl schrauben.
Die Schalter und Fader des Syncussion SY-1 lassen sich mit einem angenehmen Widerstand bewegen und auch die Anschlussbuchsen haben sich bei anderen Modellen in dem Format bewährt. Auf der Oberfläche findet man zudem für jeden Drum-Kanal einen eigenen kleinen Trigger-Taster, um schnell Sounds vorzuhören.
Schade ist nur, dass sich der MIDI-Eingang ebenfalls auf der Oberfläche befindet. Allerdings ist das wiederum verständlich, wenn man sich die optionale Integration in ein Modularsystem vor Augen führt.
Die Klangerzeugung des Behringer Syncussion SY-1
Im Behringer Syncussion SY-1 gibt es zwei identisch aufgebaute Kanäle. Jeder davon bietet sechs unterschiedliche (Dreieck-)Oszillatormodi (Single-Oszillator, FM, Dual-Oszillator-Mix, Dynamic-Oszillator-Mix, FM/ Noise-Mix und Pure Noise). Hinzu kommen jeweils Regler für Tune, Decay (Ausklingzeit) und Cutoff, sowie weitere zum Einstellen der Pitchhüllkurve (Intensität und Decay-Zeit), und des LFOs (Intensität und Frequenz). Letzterer lässt sich zwischen Puls und Dreieck umschalten.
Die Pitchhüllkurve packt gut zu, sodass typische Zap-Sounds ebenso schnell erstellt sind, wie langsame Electro-Kicks mit viel Bassfundament. Dabei ermöglicht sie sowohl positiven als auch negative Steuerung, um die Tonhöhe entweder von tief nach hoch einzufaden, oder ganz klassisch von hoher Frequenz auf den Nullwert fallen zu lassen, der über den Tune-Regler bestimmt wird.
Hier gibt es gleich einen kleinen Kritikpunkt: Spielt man den Syncussion SY-1 über MIDI an, funktioniert der Tune-Regler im Moment, wenn man ihn bewegt. Sobald man den Regler aber wieder loslässt, überschreibt die gespielte MIDI-Note diesen Wert. Das ist nicht weiter tragisch, wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, am Anfang aber eventuell eine Überraschung.
Der LFO wirkt immer auf die Oszillator-Frequenz und schwingt dabei bis in den hörbaren Bereich, was ideal für Vocal-artige FM-Sounds ist. Wer dem Klang am Ende noch etwas Chaos hinzufügen möchte, kann hierfür zusätzlich noch S&H aktivieren.
Die unterschiedlichen Oszillator-Modi
Den größten Effekt auf das klangliche Ergebnisse haben beim Syncussion die unterschiedlichen Oszillatoren-Modi (A-F). Bei den ersten fünf (A-E) handelt es sich um unterschiedliche Verschaltungen von bis zu zwei Oszillatoren, Modus „F“ widmet sich ganz dem Rauschen und erzeugt von Snares bis künstliche HiHats ein breites Spektrum an Krach.
Wer Bassdrums der härteren Gangart sucht, wird am ehesten zum Modus „A“ greifen. Das kann klanglich zwar in Richtung TR-909-Kick gehen, hier dann aber eher in Richtung 90er Jahre Rotterdam-Processing.
Noch drastischer geht es weiter mit Variante „B“, bei der ein Oszillator die Frequenz des anderen VCOs moduliert. Dieser Modus eignet sich hervorragend für metallische und experimentelle Percussion und Effektsounds, wie sie auf gerne auf vielen IDM-Alben der 90er (und heute) zu finden sind.
Variante C wiederum kombiniert einen hoch und einen tief gestimmten Oszillator miteinander, was häufig meine favorisiere Variante für bauchige 808 Kicks ist.
Modus D ist wiederum ein 2-VCO-Mix bei dem die Intensität der Pitchhüllkurve über die Trigger-Intensität statt des Sweep-Parameters gesteuert wird.
Modus E bietet wie Modus B Frequenzmodulation, ergänzt diese aber zusätzlich mit Rauschen. Auch hier liegt der Fokus auf experimentellen Sounds, HiHats und Percussion, die sich dank MIDI-Implementierung auch gut für Melodien eignen.
Alternativen zum Behringer Syncussion SY-1
Eine originale Pearl Syncussion SY-1 wechselt auf dem Gebrauchtmarkt nur noch für gesalzene Preise den Besitzer. Daher stand hier auch keine Unit zum direkten Vergleich. Tatsächlich wurde der Syncussion SY-1 aber schon ein paar mal nachgebaut und einige dieser Varianten sind immer noch neu erhältlich.
So bietet Michigan Synth Works eine Replika des Syncussion SY-1 an, die aber in der vergleichbaren Variante mit MIDI dann auch das vierfache kostet und sich somit eher an die Puristen richtet. Michigan Synth Works hat aber noch eine weitere Variante im Portfolio, die ich vor allem Modularsynth-Usern ans Herz lege: Das Michigan Works SY0.5-Modul ist sozusagen eine halbe Syncussion SY-1, weil hier lediglich ein Drum-Kanal vorhanden ist. Dafür kommt diese Variante bei gerade mal 10-TE deutlich platzsparender daher und bietet zudem vier CV-Eingänge, von denen einer sogar den den Modus steuert!
In der Plugin-Welt seien hier noch der SY-4X von Aly James Lab und Synthcussion von Soft Computing erwähnt, wobei es sich beim SY-4X wohl um die umfangreichste virtuelle Nachbildung dieses Drumsynths handelt.
Behringer Syncussion SY-1: Fazit
Mit einem Preis von unter 200 € und einer überraschend flexiblen Klangerzeugung ist der Behringer Syncussion SY-1 eine tolle Ergänzung im elektronischen Musikhaushalt. Die Frage, inwiefern man so ein spezialisiertes Gerät nun benötigt, oder man das nicht ausreichend mit Software-Alternativen umsetzen kann, überlasse ich dem User.
Mir hat das Arbeiten mit dem Syncussion SY-1 jedenfalls sehr viel Spaß gemacht und ich kann mir vorstellen, dass genau aus diesem Grund der Drumsynth einen festen Platz im Studio einnimmt. Für die Live-Nutzung bei schmalem Reisegepäck empfinde ich das Gerät als zu groß dimensioniert und würde da wohl auf Samples oder die genannte Alternative von Michigan Sound Works ausweichen.
Gewünscht hätte ich mir weitere CV-Anschlüsse, um noch mehr mit den unterschiedlichen VCO-Modi zu experimentieren. Die beiden Kanäle zusätzlich interagieren zu lassen, hätte die ohnehin schon breite Klangpalette noch einmal erweitert. Mein Fazit lautet daher: Spannender Drumsynth – unbedingt einmal ausprobieren!