Erica Synths Perkons HD-01 Test: Hybrider Drumcomputer

Nach dem LXR-02 schickt Erica Synths mit dem Perkons HD-01 einen weiteren Drum Synthesizer ins Rennen, der auf einer digitalen Klangerzeugung basiert. Im Vergleich zum LXR-02 wurde dieser aber um analoge Komponenten wie Filter und Overdrive erweitert. Hinzu kommt eine Ausrichtung auf Live-Performer und ein gehobener Preis von knapp 2000 €. Wie gut das in der Praxis funktioniert, erfahrt ihr im Erica Synths Perkons HD-01 Test.
Erica Synths Perkons HD-01: erster Eindruck
Da das Testgerät bei mir desolat verpackt ankam (unbekannte Grüße an den Tester vor mir), kann ich nicht einschätzen, wie gut das Füllmaterial im Perkons HD-01 ist: Das Teil wurde lose in einen recht großen Karton gepackt, das Netzteil lieblos mit hineingeworfen und dann verschickt. Natürlich wird das von Erica Synths anders gehandhabt, aber was mir diese Erfahrung gleich zeigte: Der Perkons HD-01 ist megasolide gebaut und verkraftet sogar Menschen, die zu faul sind, wenigstens etwas zerknülltes Papier als Polsterung aufzutreiben.

Im Detail sind das verschraubte Drehregler, die einen angenehmen Widerstand aufweisen, oder die soliden Taster, die man bereits vom Oberheim OB-6 oder Sequential Prophet 5 kennt. Auch die Kippschalter, die über das Panel verteilt sind, erinnern eher an ein U-Boot aus den 70ern und vermitteln Vertrauen. Und dieser Gesamteindruck zieht sich durch das ganze Gerät. Der komplette Verzicht auf ein Display oder anderen modernen Kram wie Gyroskop etc. unterstreicht das noch.
Anschlüsse des Perkons HD-01
Auf der Rückseite des Perkons HD-01 ist eine ganze Armada an Anschlüssen. Pro Instrument findet sich nebst Trigger-Eingang (6,3 mm) und Audioausgang ein Einschleifweg für externe Effekte. Das ist praktisch, um die klanglichen Möglichkeiten des Drumsynth noch zu erweitern.

Ein 5-Pol-Midi-Duo (IN/Out), SD-Slot zur Kit-und Patternverwaltung, sowie Kopfhörer und Mono-Ausgang für die Summe nebst Effektweg runden die Ausstattung ab. Wer hier aufgepasst hat, sieht gleich den ersten Schwachpunkt des Geräts: Der Perkons HD-01 ist in der Summe nur Mono. Um Instrumente im Panorama zu verteilen, muss man also zwingend einen Mixer mitnehmen und die Einzel-Ausgänge nutzen.

Die Klangerzeugung des Perkons HD-01
Grundsätzlicher Aufbau der vier Voices
Jedes der vier Drum-Instrumente bietet acht Drehregler und drei Kippschalter. Davon entfallen immer jeweils zwei Drehregler auf den FX Send und die Lautstärke, zwei auf Cutoff und Drive, zwei auf Tune und Decay, sowie zwei auf Parameter des jeweils gewählten Algorithmus.

Der Algorithmus steht pro Instrument in drei Varianten zur Verfügung, die sich wiederum mit einem weiteren Kippschalter in drei Modi betreiben lassen. Mit dem dritten Kippschalter wählt man schließlich aus, ob das Filter als Hochpass, Bandpass oder Tiefpass arbeitet.
Analoges Filter und Overdrive
Zusätzlich verfügt jede Drum-Voice über ein analoges Multimode-Filter. Das ist einerseits praktisch, um mal zu sehr zischelnde HiHats geschmeider zu machen, Percussion in den Mitten zu platzieren, oder das Bassfundament etwas auszudünnen. Andererseits vermisste ich beim Filter die Resonanz.
So ist es eher ein EQ und weniger ein Charakter-Tool fürs kreative Sounddesign. Besonders fehlte mir die Resonanz, als ich mit dem Hochpassfiltertrick, das Bassfundament der Kick (oder Basssounds) gezielt anheben wollte. Da Erica Synths durchaus in der Lage ist, vernünftige Filter zu designen kann ich nur sagen: Chance verpasst.
Das Overdrive wiederum ist gut, um den ohnehin schon recht aggressiven Sound noch einmal heftiger werden zu lassen. Ganz subtil eingesetzt eignet es sich auch, um die Instrumente mit einer Prise Sättigung noch etwas anzudicken. Hier muss man aber sehr exakt vorgehen, denn der Kipppunkt zwischen klingt gut und zu viel des Guten ist schnell erreicht.
Die Drum-Voices: Von Kick über Percussion bis hin zu HiHats.
Pro Voice unterscheiden sich die Drum-Algorithmen und Modi der Drum-Voices noch einmal voneinander. Während also Drum Voice 1 in erster Linie für Kick- und Bass-Sounds zuständig ist, liefert Drum Voice 2 Snare oder Zap-Sounds, Drum Voice 3 Karplus-Strong oder Resonator-Modelle, und Drum Voice 4 schließlich widmet sich der HiHat- und Cymbal-Abteilung.
Das ist zugegebenermaßen recht einfach zusammengefasst. Denn viele Algorithmen und Modi des Perkons HD-01 sind durchaus auch in der Lage, aus diesem Schema auszubrechen und mit ihrer Flexibilität weit darüber hinaus Klänge zu erzeugen. So nutzt der Perkons HD-01 neben verschiedenen Wavetables, auch Folding, subtraktive Synthese, und sogar Samples in der HiHat-Sektion.

Klang des Erica Synths Perkons HD-01 in der Praxis
Was mir bei der intensiven Beschäftigung mit dem Perkons HD-01 immer wieder auffiel: Die unterschiedlichen Algorithmen bringen theoretisch viele unterschiedliche Klangnuancen hervor. Dabei bewegt man sich allerdings auch immer sehr schnell aus dem Sweet-Spot-Bereich heraus. Zu dominant sind häufig die Mitten, zu wenig lässt sich im Detail noch verändern.
Und so muss man den resonant-aggressiven Grundsound des Perkons HD-01 schon sehr mögen, um mit dem Drumsynth langfristig warm zu werden. Abseits von aggressiven Klängen sind zwar durchaus auch klassisch runde Electro-Beats möglich. Aber hier muss man sich erstmal hin schrauben und auch dann ist der Bereich des Möglichen sehr begrenzt. Den Perkons HD-01 holt man sich eher für rohes Material ins Haus.
Das führt mich direkt zum nächsten Punkt: Beworben wird der Perkons HD-01 gerne als Live-Instrument. So sehr ich die spontane Bedienung des Sequencers auch schätze – Soundschrauben würde ich mit dem Perkons HD-01 im Club wohl eher nicht. Dafür reagieren mir der Wechsel von Algorithmus oder Modus, verbunden mit Wertesprüngen beim Einstellen der Parameter einfach zu krass. Im Studio wiederum sehe ich den Perkons HD-01 als zusätzliche Drummachine, die einen anderen klanglichen Akzent setzt, der sich besonders für die Genres Industrial oder hartem Techno eignet.
Die Effektsektion mit Kompressor und echt simuliertem Analogdelay
Zur Klang“veredelung“ besitzt der Perkons HD-01 ein digitales BBD-Delay. Der Frequenzumfang lässt sich zwischen Short und Long umschalten, was bei sehr kurzen Zeiten auch tonal resonierende Klänge ermöglicht. Neben Reglern für Delayzeit und Feedback kann man hier noch einen LFO aktivieren, der auf die Delayzeit wirkt und das Delay bei kurzen Zeiten in einen Chorus/Flanger-Effekt verwandelt. Das Delay klingt anständig, wobei ich mich wunderte, warum hier trotz der digitalen Ausführung der Rauschanteil so hoch ist. Vielleicht hat man es bei Erica Synths da etwas zu gut gemeint mit der Authentizität.

Um das Signal am Ende noch zu verdichten, verfügt der Perkons HD-01 über einen simplen Kompressor. Der kommt mit zwei Reglern für Threshold und Intensität aus, erfüllt seine Aufgabe aber gut. Man muss nur etwas aufpassen, es nicht zu übertreiben, denn in extremeren Einstellungen holt er logischerweise auch das Eigenrauschen stark nach vorne, was besonders in Kombination mit dem BBD-Delay auffällt.
Der Sequencer des Perkons HD-01 ist perfekt für live, eigentlich …
Der untere Bereich des Perkons beherbergt den Sequencer. Hier programmiert man in vier Reihen – pro Instrument eine Reihe – den Sequencer. Da beim Perkons HD-01 Live-Tauglichkeit im Fokus steht, hat man sich beim Sequencer für eine Begrenzung auf 16 Steps entschieden. Mehr als das ist also nicht möglich. Dafür kann man den 16 Steps jeder Spur eine beliebige Länge geben, und die Abspielrichtung variieren.

Allerdings kann man diese Limitierung etwas mit den vorhandenen Mitteln kaschieren. Zum einen bestimmt man pro Spur das Taktmaß. Während etwa Spur vier eine klassische 16-tel HiHat-Linie abspielt, erzeugt Spur zwei ein langsames triolisches Muster und Spur 1 hält mit einem krummen Kick-Beat entgegen , während auf Spur drei gelegentlich Effektsounds einfliegen.

Mit Trigger-Wahrscheinlichkeiten, Swing und Ratcheting bringt man zum anderen noch etwas mehr Abwechslung mit rein. Das ist als Gesamtpaket nicht verkehrt, aber es bleibt am Ende ein Kompromiss. Und selbst unter dem Aspekt der Live-Performance hätte ich es intuitiver gefunden, mich für mehr Steps durch 4 (oder mehr) Sequencer-Pages zu skippen, anstatt mit Hilfsmitteln Variationen zu erzeugen. Am Ende wäre eine Kombination aus Beidem ideal gewesen. Wenn man dann noch die harte Quantisierung optional deaktivieren könnte, wäre der Sequencer auch für komplexere Grooves ideal.
Parameterautomation und Modulations-LFO
Nahezu alle Parameter lassen sich pro Step über den Sequencer steuern. Indem man etwa auch Algorithmus und Modus automatisiert, sind extrem abwechslungsreiche Beats möglich. Schnell vergisst man dabei die Limitierung auf vier Stimmen.

Zusätzlich kann man pro Voice noch den globalen LFO auf bis zu acht Parameter routen, die auch bei den Drehreglern vorhanden sind. Also auf alles in der Drumvoice, das nicht per Kippschalter erreichbar ist. Die Zuweisung ist sehr einfach gelöst: Man wechselt dazu erst in den Modulationsmodus, legt dann das Modulationsziel in der gewünschten Reihe fest und bestimmt abschließend in acht Schritten die Modulationsintensität.

Der LFO für die Modulationen bietet sieben Schwingungsformen und ist bei Bedarf BPM synchronisierbar. In diesem Fall übernimmt der Rate-Regler die Aufgabe eines Clockteiles / -Multiplikators. Zusätzlich zu der Grobeinstellung der Modulationsintensität gibt es einen globalen Mod-Level-Regler, mit dem man von inaktiver Modulation bis hin zum jeweils vorher festgelegten Modulationsmaximum durchfährt. Das ist ein großartiges Live-Feature, mit dem man einen Beat im Handumdrehen radikal umformen kann.
Erica Synths Perkons HD-01 Alternativen
Da sich der Perkons HD-01 preislich im oberen Segment bewegt, gibt es auch etliche Alternativen. Neben Modellen wie Jomox Alpha-Base, Elektron-Serie etc., die sich eher an den Klassikern orientieren, sind für mich der SOMA Pulsar 23 und der LXR-02 aus gleichem Hause klanglich die relevantesten Mitbewerber.

Der SOMA Pulsar 23 ist klanglich noch definierter, liefert mehr Punch, hat aber auch Probleme im Detail. So muss dieser, um einen fixen Nulldurchgang z.B. bei der Kick zu garantieren, noch entsprechend erweitert werden. Zwar ist auch der Sequencer beim Pulsar 23 sehr Live-orientiert. Da es sich hierbei aber um einen Loop-Recorder handelt, sollte man die Noten entsprechend sicher treffen. Alternativ kann man hier natürlich die Clockteiler als Trigger verwenden oder einen externen Sequenzer nutzen. Dann hat man den hervoragenden Sound in Kombination mit intuitivem Live-Sequencing.

Der größte Konkurrent kommt daher für mich von Erica Synths selbst. Der LXR-02 ist klanglich nah am Perkons HD-01 dran, sieht man mal vom analogen Overdrive und Filter ab. Diese könnte man aber mit wenig Aufwand über die Einzelausgänge ergänzen. Dazu ist der Sequenzer deutlich flexibler, wenngleich nicht so intuitiv zu bedienen. Da der Preis für den LXR-02 aber gerade mal ein Drittel vom Perkons HD-01 beträgt, liegt der LXR-02 für mich deutlich vorne.
Features | Perkons HD-01 | SOMA Pulsar 23 | Erica Synths LXR02 |
---|---|---|---|
Instrumente | 4 | 4 (Kick, Bass, SN, HH) | 6 (3 x Drum, Snare, Cymbal/Clap, HH) |
Klangerzeugung | hybrid | analog / semimodular | digital |
Flexibilität | 5/10 | 9/10 | 9/10 |
Live-tauglich | 10/10 | 7/10 | 8/10 |
Preis-/Leistung | 5/10 | 8/10 | 10/10 |
Sequencer | 4-Spur Stepsequenzer mit bis zu 16 Steps | Loop-Recorder | Stepsequenzer mit bis zu 64 Steps pro Spur |
Preis | 2000 € | 2100 € | 600 € |
Erica Synths Perkons HD-01 Test: Fazit
Einerseits ist der Perkons HD-01 ein robustes Gerät mit spontanem Eingriff für Live-Performances und eigenem Klangcharakter. Andererseits führen Einschränkungen wie maximal 16 Steps (ohne umfangreiches Mikroediting), der schwer zu dominierende Sound oder die zahlreichen Kompromisse zu einem problematischen Preis-Leistungsverhältnis.
Erica Synths gehört längst nicht mehr zu den kleinen Boutique-Herstellern, die preislich nur schwer mit mittelgroßen Firmen konkurrieren können. Viele bestehende Elemente wurden beim Perkons HD-01 neu zusammengesetzt und schlau kombiniert. Wenn man aber einen ähnlichen Sound möchte, kann man alternativ auch zum LXR-02 greifen und mit etwas Outboard um Overdrive nachhelfen. Damit fährt man günstiger und hätte sogar noch Puffer für einen Syntakt oder Model:Cycles, was klanglich ein deutlich flexibleres Setup darstellen dürfte.
Mein Fazit im Erica Synths Perkons HD-01 Test lautet daher: Die Drum Machine ist spannend für Live-Performer und Produzenten, die genau diesen Sound in Verbindung mit exakt dieser Bedienung (und Einschränkungen) suchen. Alle anderen finden bessere Alternativen zu einem günstigerem Preis.
Guten Morgen,
danke für den sehr kritischen Test. Andere Tester wirken da oft eher wie Werbetreibende…