SOMA Pulsar-23 Test: Elektronische Drum Machine

Soma Pulsar 23 Test

Der SOMA Pulsar-23 ist mittlerweile ein echter Geheimtipp für Techno, Industrial und Electro. Und das aus gutem Grund: Denn die analoge Drum Machine überzeugt mit einem satten aggressiven Sound, extremer Flexibilität und einem außergewöhnlichen Konzept. Doch bevor wir in den Pulsar-23 Test einsteigen, sehen und hören wir uns zuerst einmal das gute Stück an.

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Pulsar-23 Demovideo

Pulsar-23 Test: Erster Eindruck

Knapp vier Kilo Drum Machine in einem robusten Stahlgehäuse. Der Pulsar-23 vermittelt auf den ersten Blick ein hochwertiges Gefühl. Hier könnte man endich mal das überstrapazierte Marketing-Geblubber aka „Industriestandard“ verwenden und hätte ein Gerät vor der Nase, das dieses Attribut auch verdient. Alle Potis sitzen fest und bieten einen angenehmen Drehwiderstand, die Pins für die Verkabelung vermitteln Langlebigkeit und auch die Buchsen und Kippschalter schaffen Vertrauen.

Diese Qualität hat mit knapp 2000 € auch ihren Preis. Allerdings werden alle Units von Hand gefertigt. Vor Auslieferung finden laut Aussage von SOMA zudem etliche Qualitätskontrollen statt, bei der alle Segmente bis zu acht mal von Menschen überprüft werden. Insofern scheint mir der Preis durchaus gerechtfertigt zu sein. Aber es ist auch klar, dass man sich hier im Boutique-Bereich einer sehr spitzen Zielgruppe widmet.

SOMA Pulsar-23 Test
SOMA Pulsar-23 Test: Schrägansicht

Vier Instrumente: Kick, Bass, Snare/Clap & HiHats

Bevor wir zu den vielen Eigenartigkeiten kommen, werfen wir einen Blick auf die bekannten Elemente. Als analoge Drum-Machine bietet der Pulsar-23 nämlich erst einmal ganz klassisch vier Instrumente, die sich in Kick, Bass / Percussion, Snare / Clap, sowie in Cymbals / HiHats aufteilen.

Kick

Ganz links in der Instrumentsektion findet man die Kick. Wie bei den meisten gut ausgestatteten Kickdrums gibt es hier Parameter wie Tune, Pitch-und VCA-Hüllkurve, Attack und Release, sowie einen Drive-Regler. Hiermit morpht man die Schwingungsform der Kick ganz langsam von Dreieck über Sinus bis Rechteck.

Die A/R-Release-Hüllkurve im untersten Bereich besitzen alle vier Instrumente. Grundsätzlich löst diese bei einem Trigger-Impuls aus und fällt dann entsprechend der Release-Zeit ab. Nun hat Soma mitgedacht und zusätzlich eine „Sustain-Phase“ integriert. Dadurch wird der Ton solange gehalten, wie der Gate aktiv ist. Den kann man entweder über die metallene Triggertaste am Gerät selbst, oder über extern zugefügte Noten auslösen.

Die Kick hat unheimlich viel Punch und setzt sich gut im Mix durch. Der eigene Charakter hebt sich wohltuend von den klassischen X0Xern ab, ohne dabei zu eigenwillig zu sein. Dank des Pitch-Eingangs kann man das Tuning der Kicks auch gut benden, wie es etwa im Electro-Bereich gerne gemacht wird. Problematisch ist allerdings, dass der Kick-Oszillator nicht (optional) im Nulldurchgang resettet wird. Das ist bei vielen Stilarten elektronischer Musik ein essentielles Feature, denn ansonsten variiert der Attackimpuls mitunter zu stark. Das hat man sich mittlerweile wohl auch bei SOMA eingestanden und bei späteren Modellen ist diese Funktion nun über einen Switch im Inneren erreichbar.

Bass / Percussion

Das zweite Instrument läuft unter Bass / Percussion und ist im Prinzip ein monophoner Synth. Selbst wenn es hier nicht unmengen an Reglern gibt, zeigt sich der Bass-Track klanglich durchaus flexibel. Mit einem Umfang von vier Oktaven lässt sich dieses Instrument im Bass-Modus über einen externen MIDI-Controller auch tonal spielen.

Neben einem Tiefpassfilter mit recht aggressiver Resonanz dürften hier vor allem die Regler Warp und Shape einen großen Einfluss auf das Ergebnis haben. Shape fügt der Schwingungsform dabei stufenlos Obertöne hinzu, während mit dem Waheshaper Warp das Signal zunehmend aggressiver wird, je weiter man das Poti aufreißt.

Anders verhalten sich die Regler Warp und Shape im Percussion Modus. Auch hier ändert sich merklich die Obertonstruktur. Wirft man allerdings einen Blick in die Anleitung, werden hier mehrere Parameter gleichzeitig beeinflusst. Was genau, darüber schweigt man sich aus.

Letztlich spielt es auch keine Rolle, denn auch in der Percussion-Betriebsart kann man aus dem Pulsar-23 sehr interessante Sounds herausholen. Diese klingen selten nach typischer Percussion wie Tom oder Conga, haben aber durchaus ihren Reiz. Ich würde es etwas schwammig beschreiben als organisch rund mit einer leicht aggressiven Note, die sich gut in den Gesamtklang einfügt.

SOMA Pulsar-23 Test: Orangene Version
SOMA Pulsar-23 in orange

Snare / Clap

Nummer drei der vier Instrumente widmet sich der Erzeugung von Snare- bzw. Clap-Sounds. Herzstück dieser Sektion ist ein stimmbarer Noisegenerator. Das Tuning erfolgt hier über die Verschiebung des Spektrums, was sich entweder manuell oder automatisiert mit einer Steuerspannung regeln lässt. Klanglich erinnert es manchmal an eine Filterbank bzw. einen Vocoder. Der herrlich elektronische Charakter hat nichts mit einer typischen Snare, geschweige mit einem Clap-Sound gemein, fügt sich aber hervorragend in den Gesamtsound des Pulsar-23 ein.

Um aus der Snare einen Clap-Sound zu formen, wird mit dem Clap-Regler die Attack-Phase in zwei Impulse aufgeteilt. Die zeitliche Verzögerung zwischen den Impulsen regelt dann die Intensität des Claps. Das klingt zwar durchaus brauchbar. Um sich hier eine Clap vorzustellen – selbst in elektronischen Maßstäben – benötigt man schon recht viel Phantasie. Nichtsdestotrotz gefiel mir der Sound, sobald man sich von dem Clap-Dogma verabschiedet hat.

Final kann man das Signal noch mit einem ordentlich zupackenden Bandpassfilter mit recht spitzer Resonanz bearbeiten. Auch hier spielt der Pulsar-23 seine Stärken richtig aus, wenn man den Filter-Cutoff – etwa mit einem synchronisierten LFO – automatisiert.

SOMA Pulsar-23 Test: Weiß
Der Pulsar-23 in weißer Ausführung

HiHats

Damit kommen wir zum letzten Instrument: Der HiHats- oder Cymbals-Sektion. Grundsätzlich zeichnet sich diese durch einen äher klassischen Sound aus, der sich von reinem Noise bis hin zu stark mettalisch tonalem Elektro-Becken formen lässt. An sich klingen die HiHats nicht verkehrt, wenngleich sie schnell zu dominant werden können. Vor allem, wenn man die HiHats statisch in den Gesamtmix schickt.

Daher empfehle ich gerade hier den Einsatz der Modulationsmöglichkeiten. Wenn man mit einem zur Clock gesyncten LFO oder der Hüllkurve eines Benachbarten Instruments Parameter wie Hochpass-Filter oder Tonhöhe steuert, fängt diese Sektion an zu leben. Auf diese Weise werden auch simple Beats spannend und können in einem Track problemlos über längere Strecken überdauern ohen zu nerven.

Über 100 Patchpunkte für kreatives Sounddesign

Entfernen wir uns von den Basics und gucken uns an, was den Pulsar-23 so einzigartig macht. Die Oberfläche ist durchsetzt von kleinen Metallpins. Wie die Klinkenbuchsen bei einem Modularsystem, dienen diese Pins dazu, die interne Vorverkabelung zu ersetzen oder gänzlich neue Funktionen zu integrieren. Um die Patchpunkte miteinander zu verbinden, liefert Soma etliche Kabel mit Alligatorklemmen an beiden Enden mit.

Zugegebenermaßen war ich am Anfang etwas skeptisch, was die Verwendung von Alligatorklemmen betrifft. Zu frickelig erschien mir dieser Lösungsansatz, gerade im Vergleich zu einem traditionellen Modularsystem. Man gewöhnt sich allerdings schnell daran und kann dann auch recht zügig damit arbeiten. Zudem kann man sich dadurch auch Multiples sparen, was in Verbindung mit dieser echt günstigen Kabelgattung ein Vorteil ist. Allerdings wird der Platz in manchen Bereichen – wie zum Beispiel bei den Clockteilern – schnell knapp, wenn ein Pin gleichzeitig die Quelle für mehrere Modulationsziele ist. Und so passierte es mir ein paar Mal zu häufig, dass einzelne Klemmen wieder abgesprungen sind, sobald ich am selben oder einem benachbarten Pin eine weitere Verbindung ziehen wollte.

SOMA Pulsar-23 Test: Pins
SOMA Pulsar-23 Test: Etliche Modulationen können mit Pins hergestellt werden

Alle Patchpunkte aufzuzählen würde den Testrahmen sprengen. Nur so viel sei gesagt: Soma hat sich bei den Patchpunkten einiges gedacht und alle sinnvollen Parameter modulierbar gemacht. Außerdem finden sich praktische Hilfsmodule wie LFO, Inverter, VCAs, Abschwächer etc. in ausreichender Menge, sodass selbst anspruchsvolles Sounddesign mit dem Pulsar-23 möglich ist.

MIDI-Integration

Vorbildlich gelöst ist auch die MIDI-Anbindung. Hierzu sitzt auf der Rückseite eine traditionelle MIDI-Buchse. Jedes einzelne Instrument besitzt einen kleinen Taster. Wird dieser gedrückt und gleichzeitig eine Taste gedrückt oder ein Controller bewegt, lernt der Pulsar-23 und speichert diese Information (MIDI-Kanal, CC-Nummer) dauerhaft ab.

Darüber hinaus gibt es auf der linken Seite noch vier weitere Pins, von denen jeder einzelne eine MIDI-Lernfunktion bietet. Dadurch kann man bequem alle erdenklichen MIDI-CC Controller, sei es Velocity, Modwheel, Notennummer usw. in die Klangerzeugung einbinden.

Letztlich versteht der Pulsar-23 auch MIDI-Clock und gibt diese sogar in den verschiedenen Clock-Teilern an den Pins wieder aus. Möchte man externe MIDI-Clock und interne Bandmaschinen-Sequencer miteinander synchronisieren, ist der einfachste Weg, den LRST-Pin mit dem 0.25 Teiler Pin zu verbinden. Nach einer kurzen Einschwingphase laufen die Clocks synchron miteinander.

SOMA Pulsar-23 Test: Rückseite
SOMA Pulsar-23 Test: Rückseite mit MIDI und Einzelausgängen

Die Effektsektion: Mehr als nur ein Add-On

Jedes Instrument lässt sich per Send in die Effektsektion schicken, die ein Delay und ein Reverb umfasst. Die Klangqualität geht absolut klar und ist zudem gut auf den Grundsound des Synthesizers abgestimmt. Statt drüberzuliegen, scheint sich der Effektsound mit Grundklang der Instrumente zu verweben, was bei vielen Synthesizern mit eigener Effektsektion nicht der Fall ist.

Besonders das Distortion hat mich gepackt. Die unscheinbare Sektion neben den Effekten beherbergt zwar nur zwei Regler: Intensität und Mischverhältnis. Der Sound des Distortions überzeugt aber durch einen warmen, rohen Klang, der selbst bei extremen Werten noch angenehm klingt und das Signal kraftvoll verdichtet.

Der Sequencer des Pulsar-23

In der Sequencersektion des Pulsar-23 wird es noch einmal eigenwillig. Wer ohne klassisches X0X-Drumprogramming nicht auskommt, kann diesen Abschnitt gleich überspringen und muss sich einen „normalen“ Lauflichtsequencer dazustellen. Denn hierauf wurde beim Pulsar-23 völlig verzichtet.

Pulsar-23 Test: Eigene Beats werden über einen Looper-Sequencer wiedergegeben
Der recht eigenwillige Looper im Pulsar-23

Stattdessen muss man sich den Sequencer des Pulsar-23 als vier unabhängig arbeitende Tapeloops vorstellen. Die Länge beträgt bei allen maximal 128 Clock-Impulse, kann aber auch kürzer sein. Die Clockimpulse pro Track lassen sich wiederum durch die Clock-Teiler auseinanderziehen, sodass beispielsweise die Kick auf 4/4 läuft, der Bass-Track aber vier mal so langsam. Für die Aufnahme wird der Kippschalter des Instrumententracks auf „Rec“ gestellt und ist solange im Overdub-Modus, bis man die Stellung auf „Play“ wechselt.

Hat man sich einmal an das Prinzip gewöhnt, ist das Arbeiten mit dem Sequencer sehr angenehm. Fairerweise muss man aber sagen, dass man für elektronische Musik schon ein ziemlich gutes Taktgefühl haben muss. Denn die interne Auflösung ist dermaßen hoch, dass man sehr genau einspielen muss, wenn das Ziel ein starrer Beat sein soll.

SOMA Pulsar-23 Test: Fazit

Eins kann man ganz klar sagen: Der Pulsar-23 ist keine Drum-Machine für Einsteiger. Denn der semimodulare Aufbau, das mitunter etwas schräge Konzept der „Bandmaschinen-Aufnahme“ und nicht zuletzt der Preis von rund 2000 € machen deutlich, dass sich SOMA an eine nerdige, aber durchaus bewusste Zielgruppe richtet. Und diese wird mit einem fantastisch klingenden Drum Computer belohnt, der abseits der ausgetretenen X0X-Pfade jeden Club erzittern lässt.

Als zentrale Live-Unit sehe ich den Pulsar-23 aufgrund der vielen eng beieinander liegenden Patchpunkte hingegen nicht so sehr. Denn die Bedienung ist mitunter zu frickelig, um im Live-Kontext schnell mal ein Patch anzupassen. Bei experimentellen Jams im IDM- oder Electronica-Bereich könnte es funktionieren. Im eher kommerziell ausgerichteten Club-Kontext würde ich mich wohl nicht mit dem Teil auf die Bühne trauen. Dafür macht die Unit im Studio eine extrem gute Figur, wann immer fette und aggressive Drums gefragt sind.

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