MOOG MUSE Test: Moogs bester Synth?

MOOG Muse Test

14 Minuten

Nach dem nicht ganz unumstrittenen Flaggschiff „One“ schickt Moog nach einigen Jahren wieder einen speicherbaren Polysynth ins Rennen. Der Moog Muse ist achtfach polyfon, bi-timbral, weitgehend analog und – für einen polyfonen Moog überraschend – deutlich unterhalb der 4000 € Marke angesiedelt. Wie gut das Konzept aufgeht, erfahrt ihr im MOOG MUSE Test. Doch zunächst gibt es erstmal ein Demovideo zur Einstimmung.

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MOOG MUSE Demovideo

MOOG Muse: Auf einen Blick

  • 8-fach polyfoner Analogsynth mit Bi-Timbralität und Stack-Modus
  • 61 gewichtete Tasten mit Aftertouch
  • 64-Step-Sequencer und Arpeggiator mit eigenen Mustern
  • Analoge Oszillatoren, Filter und Amps
  • 3 digitale LFOs, 2 digitale Hüllkurven mit umfangreichen Möglichkeiten zur Detailbearbeitung

Erster Eindruck

Der MUSE kommt im Karton samt Umverpackung, die mich einiges an (Angst-)Schweiß gekostet haben. Zum einen ist da das Gewicht von knapp 15 kg, das man bei den recht großen Ausmaßen eines ausladenden 5-Oktaven-Synths erst einmal auf den Studiotisch wuchten muss. Natürlich ist das nichts im Vergleich zu alten analogen Schlachtschiffen, dennoch war ich etwas überrascht.

MOOG Muse Test Schraegansicht
MOOG Muse

Womöglich hatte ich meine Mühen aber auch dadurch, dass beide Kartons ultraeng geschnitten sind. Keine Angst, das wird keine lange Unboxing-Erfahrung. Aber wer Kartons aufbewahren will oder muss, sollte wissen, dass sich der Muse im Umkarton sprichwörtlich festsaugt. Anschließend durfte ich mit dem zweiten Karton ähnlich kämpfen. Dieser wird aufgeklappt, dessen Klappradius ist aber derart knapp bemessen, dass insgesamt rund 5 Minuten vergingen, bevor ich den MUSE erstmalig in seiner ganzen Pracht vor mir hatte.

Die Wheels erinnern an den Prodigy, die kleinen Faderkappen aus der Mixersektion an den MG1, und gemeinsam mit modernen Elementen aus MOOG One und Subsequent 37 entsteht eine interessante Mischung, die rein optisch vielleicht nicht jedermanns Sache ist. Design ist aber immer eine Frage des Geschmacks und rein von der haptischen Erfahrung gibt es beim MUSE nichts zu beanstanden. Alles reagiert schnell, die Drehregler und Fader haben einen angenehmen Widerstand ohne zu sperrig zu wirken.

MOOG Muse Tastatur

61 leicht gewichtete Tasten mit Anschlagdynamik und Aftertouch
MOOG Muse: 61 leicht gewichtete Tasten mit Anschlagdynamik und Aftertouch

Bei der Tastatur handelt es um eine 61 Tasten-Variante inklusive monofonem Aftertouch und Anschlagdynamik. Polyfoner Aftertouch hätte bei dieser tollen Klangerzeugung sicherlich Sinn ergeben, aber auch so spielt sich die leicht gewichtete Tastatur hervorragend. Gut finde ich, dass man bei Moog an unterschiedliche Velocity-Kurven und – was ebenso wichtig ist und häufig übersehen wird – an Slew für den Aftertouch gedacht hat. Das kann über die Modulationsmatrix pro gesteuertem Modulationsziel frei eingestellt werden und verhindert abrupte Klangänderungen.

Anschlüsse

Auf der Rückseite finden sich neben USB-Anschlüssen, zwei Pedal-Eingängen und einem 5-POL-MIDI-Trio noch sechs CV-Buchsen (2xIn, 2xOut, Clock I/O), sowie das obligatorische Stereo-Ausgangspaar. Hier hätte ich mir in dieser Preisklasse noch zwei weitere Einzelausgangsänge gewünscht, weil der MOOG Muse bi-timbral ist.

Anschluesse auf der Rueckseite des MOOG Muse
Anschlüsse auf der Rückseite des MOOG Muse

Der Kopfhöreranschluss befindet sich vorne am Synth und lässt sich über einen dedizierten Lautstärkeregler auf der Oberseite separat einpegeln.

Factory-Presets

Beim Durchgehen der Werkspresets sprang der Funke zumindest bei mir noch nicht über. Das liegt hier jedoch nicht an der Qualität der Sounds, sondern vielmehr an der Genreausrichtung. So hatte ich das Gefühl, dass ein zentraler Fokus auf „echten“ Musikern (also keine Sound-Frickler wie mich) liegt.

Moog Muse
MOOG Muse

Dementsprechend finden sich in den knapp 220 der insgesamt 256 Soundspeicher vor allem Presets für Top40, Rock und Pop. Also viele Orgeln, String-Sounds, Funk-Leads und Moog-Klassiker. Wer sich so einen Synth ins Haus stellt, wird aber sicherlich auch gerne selbst ins Sounddesign einsteigen. Und das ist genau der Punkt, an dem es richtig spannend wird.

Die Stimmenverteilung

Die achtfache Polyfonie lässt sich frei auf die beiden Layer aufteilen, oder im ultrafetten Unisono-Modus spielen. Bei Bedarf könnte man im Splitmodus etwa einen Dual-Unisono-Bass mit einem 6-fach polyfonen String-Sound kombinieren.

Per Spreadregler wird bestimmt, wie stark die einzelnen Voices im Stereopanorama verteilt sind. Das führt zu herrlich breiten Klängen, von denen gerade atmosphärische Sounds profitieren.

MOOG Muse Oszillatoren

Die Oszillatoren basieren laut Moog (bzw. des MUSE-Produktspezialisten, mit dem ich im Austausch war) auf der MOOG Voyager-Serie und bieten einen großartigen Klang. Die Schwingungsformen lassen sich fließend zwischen Sägezahn und Rechteck überblenden. Zusätzlich kann man die Schwingungsform von Dreieck zu Sägezahn formen und hat zudem noch die Möglichkeit, die Pulsbreite des Rechtecks zu bestimmen.

Die Oszillatoren und Mixer
Moog Muse: Oszillatoren und Mixer

Und da das alles auch als Modulationsziel zur Verfügung steht, ist bereits auf Oszillatorenebene einiges an Klangformung möglich. Dabei habe ich noch nicht einmal erwähnt, dass zusätzlich noch analoge Sync, FM und Ringmodulation vorhanden sind. Falls das immer noch nicht reicht, kann man darüber hinaus noch den analogen Modulation Oscillator auf hörbare Frequenz umschalten und diesen (optional) an die Tonhöhe koppeln.

Zwar verzichtet man beim Mod Oszillator auf Sync, PWM oder Ring Modulation. Die Nutzung als FM-Quelle ist aber möglich, indem man den Modulationsozillator auf die anderen Oszillatoren routet. Zudem stehen hier auch Filter Cutoff (1/2), PWM, VCA, Pan und PWM als Modulationsziele im direkten Zugriff. AM und PWM im hörbaren Bereich sind dadurch schnell umgesetzt und ermöglichen ein breites Spektrum an disharmonischen, metallischen und obertonreichen Sounds.

Zusammengefasst werden die einzelnen Signale anschließend im Mixer, wo man neben den drei Oszillatoren auch das Signal des Ringmodulators, sowie Rauschen einspeisen kann. Am Ende kann man mit Overload das Mixersignal noch vor der Filterstufe sättigen, was zu noch brachialeren Sounds mit kräftigem Tiefenschub führt.

Die Filtersektion

MOOG Muse besitzt zwei resonanzfähige Filter, die sich parallel, in Serie oder Stereo betreiben lassen. Das erste Filter bietet alternativ Hochpass als Betriebsart, sodass beide in Serie geschaltet auch einen Bandpass-Filter ergeben.

Im direkten Zugriff hat man hier neben der Modulationsintensität der Hüllkurven noch das Keytracking pro Filter. Per Wahlschalter wird bestimmt, ob es deaktiviert, oder bei 50 % bzw. 100 % liegt. Wer Zwischenwerte benötigt, kann das problemlos über die Modmatrix realisieren.

Zwei Filter im Moog Muse
Moog Muse bietet zwei eigenständige Filter pro Layer

Über den MOOG-Filterklang muss man glaube ich kaum noch ein Wort verlieren. Es packt kräftig zu und verliert auch bei höherer Resonanz nicht allzusehr an Bass. Wer trotzdem noch kompensieren möchte, kann mit der bereits erwähnten Sättigunsstufe im Mixer das Bassfundament aufpumpen.

Umgekehrt – und das finde ich ziemlich praktisch – steht ganz am Ende der Signalkette ein weiteres Hochpassfilter (ohne Resonanz) bereit, um den sehr fetten Grundsound des MOOG Muse zu zähmen. Nicht nur für Live-Musiker dürfte das ein sinnvolles Feature sein, um den Muse schneller in den Mix zu integrieren.

Modulationsebe: Bewegung in die Sounds bringen

LFOs

Neben dem eben erwähnten Modulationsoszillator gibt es beim MOOG Muse drei weitere LFOs, die ebenfalls bis in den hörbaren Bereich reichen. Diese sind digital aufgebaut, was Puristen unter Umständen kritisieren, in der Praxis allerdings einige Vorteile mit sich bringt.

Man bekommt drei digitale LFOs mit verschiedenen Wellenformen, die sich an die Tonhöhe koppeln lassen und bei Bedarf bis in den Audiobereich reichen. Natürlich sind sie BPM-synchronisierbar und verfügen über Retrigger per Tastenanschlag.

Rein auf das Layout bezogen sind die ersten beiden LFOs konzeptionell „frei“ zuweisbar, während LFO 3 erstmal auf die Tonhöhe wirkt. Wie bei den anderen Funktionsgruppen auch, ist das aber nur eine theoretische Ausrichtung. Man kann LFO 3 problemlos anderen Dingen zuweisen, hat hier aber weniger Möglichkeiten als bei den anderen LFOs.

Diese überzeugen durch eine Vielzahl unterschiedlicher Schwingungsformen, die abseits von den Standards auch eine Auswahl an User-Modellen beinhalten. Importieren oder Zeichnen eigener Schwingungsformen wie beim MD 900 oder Waldorf Iridium sind zwar (noch?) nicht möglich. Trotzdem sind gerade die rhythmischen Muster bei den User-Schwingungsformen perfekt für elektronische Musik.

Die Hüllkurven

Moog Muse bietet zwei ADSR-Hüllkurven mit aktivierbarem Loop, eine davon ist per default dem Filter, die andere dem VCA zugewiesen. Wer dieses Routing auflösen möchte, um etwa die Tonhöhe eines Oszillators zu steuern, kann das fix über den Assign-Taster erledigen.

Mit dem Taster in der rechten Ecke der Sektion gelangt man wieder in Submenüs, in denen sich weitere Funktionen verstecken. Allen voran die Möglichkeit, den Verlauf einzelner Segmente zu beeinflussen, dürfte die Herzen vieler Sounddesigner schneller schlagen lassen. Im Standardmodus liefern die Hüllkurve diesen herrlich bauchigen Punch, den man von Moog kennt. Wer es noch knackiger oder gemächlicher möchte, bastelt sich hier seinen Traumverlauf zusammen.

Hüllkurven, Delay und Preset-Auswahl

Moog Muse: Hüllkurven, Delay und Preset-Auswahl

Natürlich kann man nie genügend Modulationsquellen haben und auf den ersten Blick mag eine dedizierte Modulationshüllkurve fehlen. Aber man kann diese Funktion in den meisten Anwendungen auch durch geschickte Routings oder One-Shot-Modi bei den LFOs ersetzen.

Zuweisung der Spielhilfen

Besonders gut gelöst ist die schnelle Zuweisung der Controller Aftertouch, Modwheel etc. Wie bereits bei den LFOs reicht hier ein Druck auf den Assign-Taster, gefolgt vom Drehen des Zielparameters bis zur gewünschten Modulationsintensität, und abschließendes Bestätigen im Menü.

Modulationsmatrix des MOOG Muse

Wer noch weiter gehen möchte, etwa um Metamodulationen hinzuzufügen bei der eine dritte Modulationsquelle die Modulationsintensität bestimmt, kann dafür in die Modulationsmatrix abtauchen.

In insgesamt 16 Slots können jeweils Quellen einer Vielzahl an Zielen zugewiesen werden. In jeweils zwei weiteren Slots bestimmt man dann optional, ob weitere Modulationsquellen diese Intensität beeinflussen.

MOOG Muse: Achtfach polyfon, bitimbral und etliche Modulationsmöglichkeiten
MOOG Muse: Achtfach polyfon, bitimbral und etliche Modulationsmöglichkeiten

Hat man sich an die finale Bestätigung im Modulationsmenü gewöhnt, geht das Arbeiten mit der Matrix fließend von der Hand. Dieser zusätzliche Schritt verwirrte mich manchmal, da ich direkt vor dem MUSE ein Soundpack für den TEO-5 erstellte, bei dem auf diesen letzten Schritt verzichtet wird. Welche Lösung man bevorzugt, ist vermutlich Geschmackssache. Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile.

Bei den Quellen fehlen mir zum Zeitpunkt dieses Tests noch ein paar Optionen, allen voran Random, Voice und Noise. Vieles kann man allerdings schon über die LFOs oder den Mod-Oszillator realisieren. Laut Moog ist das Potential auch noch nicht ausgeschöpft. So können wir in einem zukünftigen Update sicherlich noch weitere Quellen erwarten.

Arp und Sequencer

Ebenfalls recht prominent neben dem Hauptmenü platziert sind der Arpeggiator und Sequencer. Der Arpeggiator ermöglicht neben den obligatorischen Standards auch die Erstellung eigener Rhythmuspatterns.

Der 64-Step-Sequencer lässt sich live und in einzelnen Steps programmieren, oder er springt – wie etwa bei einem SH-101 – immer zum nächsten Step weiter, sobald eine Note (oder ein Akkord) gespielt wurde.

Anschließend stehen umfangreiche Modulationsmöglichkeiten zur Verfügung, um die Sequenzen abwechslungsreich zu gestalten. Wer gezielt in den Verlauf eingreifen will, kann im Menü die einzelnen Noten gezielt bearbeiten (z.B. Velocity oder Gate-Länge).

Sobald ihr mit dem Ergebnis zufrieden seid, könnt ihr die Sequenz in einem der 256 Sequence-Speicherplätzen verewigen oder mit anderen Sequenzen per Pattern-Chain verknüpfen.

Ein Feature, das ich auch bei anderen (multitimbralen) Synths schätze ist, dass man für den Arpeggiator und Sequencer bei beiden Timbres unterschiedliche Taktarten auswählen kann.

Delay-Effekt

Bevor wir zum Fazit kommen, möchte ich noch kurz den Delay-Effekt erwähnen. Moog hat hier einen hervorragend klingenden Algorithmus implementiert, der sich dank Diffusion auch in Richtung Reverb verschieben lässt.

Dank des integrierten Filters, Ping-Pong-Modi und BPM-Synchronität liefert das Delay ein breites Klangspektrum; von schnellen Slapback-Echos bis hin zu treibenden Dub-Delays.

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MOOG MUSE Presets für Ambient, Techno und Electronica

MOOG Muse Test: Fazit

Zumindest für mich ist der MUSE eines der besten Instrumente, die MOOG bisher herausgebracht hat, ja sogar einer der besten analogen Polysynths, die ich bislang testen durfte. Bisher hatte ich aber immer auch eine gewisse Hassliebe mit den Moog-Klassikern. Denn nach einer anfänglichen Euphoriephase stellte sich meistens recht schnell Ernüchterung ein. Und zwar spätestens dann, wenn ich den dominanten Sound in den Mix integrieren wollte. Das liegt aber an mir und kann definitiv nicht Moog angelastet werden, die echt gute Instrumente bauen.

Und genau aus diesem Grund sollte man mein positives Feedback am Ende dieses Moog Muse Tests mit einer großen Portion Skepsis sehen. Vielleicht ist der Muse für die Enthusiasten des klassischen MOOG-Sounds eine herbe Enttäuschung? Kollegen von mir ziehen zum Beispiel den Matriarch-Sound dem des MOOG Muse jederzeit vor. Am besten ist es also, ihr probiert den Synth selbst aus.

Am Ende steht für mich der Sound, der mich total abholt: gewaltige Bässe, breite Pads, komplexe Leads, experimentelles Zeug. Gleichzeitig bietet der MUSE eine gut gemachte Benutzeroberfläche, die diese Vielseitigkeit ausgezeichnet beherrschbar macht. Auch für komplexes Sounddesign hat der MUSE eine Vielzahl spannender Features an Bord. Für mich ist der Muse ganz klar ein Gewinn für die Synthesizerlandschaft.

MOOG Muse: Achtfach polyfon, bitimbral und etliche Modulationsmöglichkeiten
Features 8
Sound 10
Bedienung 10
Preis/Leistung 8
PROS
  • Flexibler Sound, der von Retro bis modern reicht
  • Durchdachte Bedienung für Live und Studio
CONS
  • Factory-Presets wenig auf elektronische Musik ausgerichtet
  • Poly-Aftertouch wäre super gewesen

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