Behringer Crave Test: Semimodularer Desktopsynth
Mit dem Crave ist vor einigen Jahren ein Synthesizer erschienen, der analoge Klangsynthese, ein semimodulares Konzept, sowie einen Sequencer vereint. Und das im kompakten Format zu einem sensationellen Preis. Damals war diese Kombination nahezu ungeschlagen. Doch mittlerweile haben auch Mitbewerber aufgeholt. Wie gut sich der Kleine auch Jahre nach der Markteinführung noch schlägt, erfahrt ihr im Behringer Crave Test.
Behringer Crave Test: Oberflächliches und Aufbau
Bei dem Behringer Crave handelt es sich um einen semimodularen Desktopsynth mit klassisch subtrativer Architektur. Ein Oszillator geht vom Tiefpassfilter in einen VCA und die einzelnen Elemente können jeweils mit Hüllkurve und LFO gesteuert werden. Zusätzlich bietet der Crave einen 32-Step-Sequencer, sowie eine Patchmatrix. Und das ganze Paket zu einem Preis von rund 200 €.
Dabei ist der Crave durchaus solide verarbeitet: Auch nach knapp zwei Jahren im Einsatz laufen die Potis immer noch mit angenehmem Widerstand, die Patchbuchsen verrichten ihren Dienst und die Taster arbeiten ebenso zuverlässig. Jetzt muss ich dazu aber sagen, dass ich den Crave durch die Corona-Zeit nie aus dem Studio bewegt habe. Wie widerstandsfähig er als dauerhafter Reisebegleiter ist, kann ich also nicht beurteilen. Wenn man ihn vernünftig einpackt, sehe ich aber keine Hürden, ihn auch im Clubeinsatz dabei zu haben.
Oszillator
Beim VCO des Crave handelt es sich um einen CEM3340-VCO (bzw. einen Nachbau dessen), der bereits in etlichen anderen Legenden verbaut wurde. Darunter finden sich Klassiker wie Sequentials Prophet, Oberheim OB-Xa oder Rolands Jupiter 8. Hierbei spielt für den Klang natürlich einerseits immer eine Rolle, wie der Chip intern angesteuert wird. Andererseits stehen – je nach Hersteller – auch andere Funktionen für den User bereit.
Beim Crave entschied sich Behringer für die Schwingungsformen Saw und Pulse, die per Kippschalter auf der Oberfläche ausgewählt werden. Die Pulsbreite ist flexibel einstellbar.
Wenn man die Patchmatrix mit einbindet, stehen auch beide Schwingungsformen parallel bereit. Zusätzlich kann man darüber noch weißes Rauschen oder den LFO als zweiten Oszillator einbinden, wie im Video beschrieben.
Klanglich überzeugt der Oszillator durch einen kräftigen Sägezahn, sowie eine Pulswelle, die wie bei einem SH-101 recht bauchig und rund daherkommen kann. Durch die variable Pulsbreite reicht das Spektrum natürlich noch weiter bis hin zu einem sehr spitzen, nasalen Sound. Und nutzt man hierfür noch FM oder PWM im hörbaren Bereich, sind auch metallische Sounds mit dem Behringer Crave möglich. Dabei haben wir an dieser Stelle noch nicht einmal die Filtersektion erreicht!
Filter
Beim Filter setzte Behringer wiederum auf die Moog-Kaskade. Das 24 dB-Tiefpassfilter packt zuverlässig zu und überzeugt durch seinen cremigen Sound. Wie zu erwarten, dünnt der Klang bei zunehmender Resonanz etwas aus. Allerdings habe ich das bei anderen Umsetzungen des Ladder-Filters schon extremer erlebt.
Darüber hinaus lässt sich das Filter auf Hochpass umschalten. In diesem Modus steht Resonanz nicht mehr zur Verfügung und auch ansonsten ist das Ergebnis hier nicht sehr ergiebig. Zumal das aktivierte Hochpassfilter immer noch recht viel aus dem Mittenbereich durchlässt.
Hüllkurve, LFO & Patchbay
Die Hüllkurve des Behringer Crave ist als ADS-Variante etwas sparsam ausgeführt. Sie wirkt optional gleichermaßen auf Filter und VCA, wobei für das Filter sowohl die Modulationsintensität als auch die Polarität ausgewählt werden kann. Die Hüllkurve liefert runde Bässe und zackige Percussion-Sounds. Auch Leads, z.B. für Melodic-Techno, gelingen durch den runden Verlauf sehr überzeugend. Drones und Texturen gelingen theoretisch auch, aber dafür ist der Verlauf meiner Meinung nach nicht optimal ausgelegt. Andererseits wird das kaum as primäre Einsatzgebiet des Crave sein.
Beim LFO kann zwischen Dreieck und Rechteck gewählt werden (bzw. über die Patchbay auch beide parallel). Die Frequenz recht von ultralangsam bis in den hörbaren Bereich, wodurch aggressive, obertonreiche Sounds möglich sind. Da die LFO-Frequenz ebenfalls als Modulationsziel zur Verfügung steht, kann man diesen damit sogar recht sauber über vier Oktaven spielen.
Die Patchbay erweitert mit ihren 18 Ein- und 14 Ausgängen das Klangpotential des Behringer Crave noch einmal erheblich. Die Auswahl der Schnittstellen ist gut durchdacht und bietet neben Buchsen für die einzelnen Schwingungsformen (LFO & VCO), und Steuerspannungen, noch ein Multiple und einen Mixer.
Sequencer und Arpeggiator
Besonders spannend für Live-Anwendungen dürften der Sequencer und Arpeggiator sein. Handelt es sich bei letzterem noch um einen recht simplen Vertreter mit Standardmodi, bietet der Sequencer ein paar coole Features.
Darunter fallen zum einen Glide, Accent und ungerade Step-Zahlen. Es ist also möglich, den Sequencer 303-artig zu programmieren. Zum anderen bietet der Crave noch Gätelänge und Ratcheting, was besonders Musikern der Berliner Schule oder Psytrance-Producer freuen dürfte.
Die Programmierung des Sequencers ist im ersten Anlauf alles andere als intuitiv, weshalb ich mich dem Thema noch einmal in dem Artikel Behringer Crave Sequencer programmieren angenommen habe. Hat man den Workflow aber erstmal verinnerlicht, kommt man damit recht gut zurecht.
Behringer Crave Test: Fazit
Auch ein paar Jahre nach Markteinführung ist der Crave immer noch eine absolute Empfehlung für alle, die satten Analogsound möchten, aber gleichzeitig keinen Kredit aufnehmen wollen.
Durch seinen logischen Aufbau eignet sich der Crave zudem hervorragend als Synthesizer für Einsteiger, da man schnell die wesentlichen Funktionen lernt. Dank seines Sequencers und der guten Verarbeitung macht der kleine Desktopsynth zudem in kleinen DAW-less Setups eine gute Figur. Lediglich die Ausstattung könnte einem irgendwann zu spärlich werden. Aber das Problem haben andere Synthesizer auch, selbst wenn sie preislich deutlich über dem Crave liegen.
Von meiner Seite aus lautet das Fazit des Crave Test daher: Klare Empfehlung!