Roland JD-08 Test

Roland JD-08 Test

No review found!

Voraussichtliche Lesedauer: 11 Minuten

Wie so viele andere Synths ist Rolands JD-800 mittlerweile zu einer Legende avanciert, die man gebraucht mittlerweile fast nur noch zu horrenden Preisen findet. Falls ihr zu den Suchenden gehört, könnte Roland nun mit dem JD-08 eine Alternative im Boutique-Format im Portfolio haben. Wie gut die geschrumpfte Version des JD-800 wirklich ist, erfahrt ihr im Roland JD-08 Test. Aber wie immer gibt es erstmal ein Demovideo mit JD-08 Presets für Ambient und Techno.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen
Roland JD-08 Demovideo

Roland JD-08 Test: Erster Eindruck

Zunächst einmal sollte man sich auf das Boutique-Format einlassen. Wer also mit dem Roland SH-01a, dem JU-06a oder anderen Modellen der Serie Probleme hatte, wird auch mit dem JD-08 nicht glücklich.

Im Vergleich etwa zum SH-01a sind die Faderwege hier noch kürzer. Wobei das Arbeiten mit dem JD-08 dann doch erstaunlich gut ging. Vor allem, wenn man das fummelige Layout des JX-08 aus der gleichen Serie kennt.

Insgesamt fühlt sich der Roland JD-08 auch recht wertig an. Dazu trägt neben des Gewichts von 840 Gramm auch der leichte Widerstand der Fader und Taster bei. Wie gut das im Dauerbetrieb bleibt, muss die Zeit zeigen.

Anschlusssektion des Roland JD-08

Bei den Anschlüssen bietet der JD-08 eine umfangreiche Ausstattung mit Stereo-Ausgang, Kopfhöreranschluss, MIDI-Duo, sowie Clock-Eingang für analoge Triggersignale.

Roland JD-08 Rückseite
Roland JD-08: Anschlüsse auf der Rückseite

Wie bei den anderen Boutiques lässt auch der Roland JD-08 einen Betrieb als Soundkarte zu. Zum einen überträgt der JD-08 dabei die internen Signale. Zum anderen ist hier auch die Nutzung als Audiointerface möglich, wozu sich auf der Rückseite ein Stereoeingang für weitere Peripherie befindet. Die Latenzwerte und Wandlerqualität ist jetzt nicht außergewöhnlich gut, kann aber durchaus mit spezialisierten Soundkarten im niedrigen Preissegment mithalten. Das ist nicht nur praktisch für Live-Anwendungen, sondern durchaus auch willkommen, wenn man sein Studiosetup minimal halten möchte.

Struktureller Aufbau eines Klangs

Bevor wir in die Tiefen der Klangsynthese aufbauen, möchte ich kurz den strukturellen Aufbau eines Klangs im Roland JD-08 beschreiben. Wie schon beim JD-800 setzt sich dieser aus bis zu vier Layern zusammen. Im Unterschied zur Urversion bietet der JD-08 zusätzlich zwei Parts (2-fache Multitimbralität), die ebenfalls kombiniert werden können. So sind Patches möglich, die aus bis zu acht Layern bestehen.

Jeder dieser Layer bietet dabei einen kompletten Synthesestrang: Also von der Auswahl der Ausgangssamples über ein Multimodefilter, bis hin zu Modulationsmöglichkeiten mit LFOs und Mehrsegmenthüllkurven. Lediglich die Effektabteilung wirkt hier immer auf alle vier Layer gleichzeitig. Im folgenden JD-08 Test gehe ich also erstmal immer nur von einem Layer aus.

Die „Oszillatoren“ des JD-08

Die Klangerzeugung über die Oszillatoren erfolgt beim JD-08, wie schon beim JD-800, komplett Sample-basiert. Statt also die Schwingungsformen analog zu erzeugen oder digital zu simulieren, werden hier Samples verwendet. Das muss nicht zwingend schlecht sein. Denn in vielen Fällen erzeugt ein Verlassen des tonalen „Wohlfühlbereichs“, also der Tonhöhen, die noch nah genug am Ausgangssample liegen, zu ordentlichen Artefakten.

War das damals noch teurem Speicher geschuldet, können Gigabyte-verwöhnte HiFi-Enthusiasten bei den meisten Samples heutzutage nur gelangweilt mit den Achseln zucken. Aber das dürfte auch nicht die Zielgruppe sein – weder vom JD-800 noch von der Neuauflage.

Roland JD-08 Test Schrägansicht
Roland JD-08: Der geschrumpfte Klassiker

Die insgesamt 108 Wellenformen des JD-08 sind identisch mit der JD-800 Factory-Ausstattung. Das Sortiment erstreckt sich von klassischen Sinus, Sägezahn usw., über Pianos und Orgeln, bis hin zu FX- und Percussion-Sounds. Alles mit maximalem Bezug zur späten 80er, frühen 90er Soundästhetik.

Klanglich geht das soweit auch völlig klar, wenn man diesen Sound erwartet. Nur will sich mir partout nicht erschließen, warum man bei Roland nicht daran gedacht hat, dem JD-08 auch gleich die sämtliche Samples der Erweiterungskarten mitzugeben. An der Rechenpower selbst günstiger Komponenten kann es wohl kaum gelegen haben. Und ich bin mir sicher, dass nicht wenige (ehemalige) JD-800 User etwa die Strings Ensemble vermissen werden.

Filterebene

Beim Filter handelt es sich um ein digitales Multimodefilter mit Resonanz und 24dB Flankensteilheit. Hier sollte man definitiv nicht den Sound eines analogen SH- oder Moog-Filters erwarten. Das Filter klingt gut und packt auch relativ gut zu, kann aber seine digitale Herkunft nicht verleugnen. Und so neigt es – wie schon beim Original – gelegentlich zum digitalen Clipping, gerade bei höheren Resonanzwerten.

Gemessen an heutigen Maßstäben wäre mir das Hochpassfilter etwas zu aggressiv. Hier muss man dann eben mit der gezielten Auswahl des Ausgangssamples gegenarbeiten.

Roland JD-08 Test: Draufsicht mit KM-25
Roland JD-08 Test: Draufsicht mit KM-25

Fairerweise sollte ich an dieser Stelle aber noch einmal daruaf hinweisen, dass man beim JD-08 (JD-800) vier Tones zu einem Patch kombinieren kann. Hierbei sind alle Sounddesign-Elemente komplett vorhanden und können pro Tone frei editiert werden. Dadurch sind komplexe Schichtungen aus Hochpass-Pad, tieffrequenten LP-Sweep und etwas BP-Noise schnell erstellt. Das war zur Zeit des Erscheinens des JD-800 sensationell und ist auch heute noch sinnvoll einsetzbar.

JD-08 Test: Hüllkurven und LFOs

Die LFO-Sektion des JD-08

Zur kontinuierlichen Veränderung des Klangs bietet der JD-08 zwei LFOs, jeweils mit den Schwingungsformen Dreieck, Sägezahn, Pulse S&H, sowie Noise. Die LFOs können frei oder Beatsynchron laufen und lassen sich optional per Tastaturanschlag neu triggern. Delay, Fade und Taster zur groben Einstellung der Phasenlage runden die Ausstattung hier ab.

Die LFO-Sektion geht klar, geht aber konzeptionell nicht großartig über die Möglichkeiten der frühen 90er hinaus. Vermisst habe ich hier vor allem Geschwindigkeiten im hörbaren Bereich, oder dem Koppeln der LFO-Rate an die Tonhöhe.

Multisegmenthüllkurven

Auf die drei Hüllkurven des JD-08 muss man sich erst einmal einlassen. Denn bei diesen handelt es sich nicht um klassische ADR- oder ADSR-Varianten, sondern um eine Mehrsegmenthüllkurve. In dieser lassen sich insgesamt vier Zeiten bestimmen, welche benötigt wird, um zu den vier Plateaus (Level 1,2, Sustain und Level 4 in der Releasephase) zu gelangen. Bei der Pitchhüllkurve hingegen sind die Level-Werte bipolar. Das heißt, dass man hier auch negative Werte unterhalb des Grundtons einstellen kann und sich dann um diesen herumbewegt.

Das eröffnet einem beim Sounddesign natürlich mehr Möglichkeiten für dynamische Veränderungen. Gleichzeitig ist das erstmal eine Umstellung für all diejenigen, die das ADSR-Modell verinnerlicht haben.

Roland JD-08 Draufsicht
Roland JD-08: Trotz kleiner Elemente lässt der JD-08 gezieltes Sounddesign zu

Über den Keyfollow-Regler ganz links bestimmt man letztlich, wie stark die einzelnen Hüllkurvenzeiten an die gespielte Note gekoppelt sind. Bei maximal positiven Werten, sind diese also umso länger, je weiter man auf der Klaviatur nach rechts geht und umgekehrt.

So richtig schnell und zackig sind die Hüllkurven des JD-08 nicht. Auch gibt es keine Möglichkeit, detailliert in den Kurvenverlauf einzugreifen. Man muss also mit einem recht linearen Verhalten leben, was sicherlich nicht immer optimal für Bässe und Leads ist. Pads und Texturen hingegen profitieren von den unterschiedlichen Segmenten. Hier hätte ich mir nur gerne einen Expertenmodus gewünscht, der das ursprüngliche Konzept noch etwas aufbohrt und Zugriff auf die Charakteristika der einzelnen Segmente ermöglicht.

Modulationsmatrix?

Modulationsmatrix ist hier eigentlich nicht der richtige Begriff. Denn die LFOs wirken jeweils nur auf Pitch, Filter oder Lautstärke. Einerseits ist das vor allem für Einsteiger gut, die alle Modulationspunkte über die Oberfläche erreichen. Andererseits hätte ich mir hier einen Expertenmodus gewünscht, bei dem man etwa die Envelopes auf die LFO-Rate ansetzt, oder sich die beiden LFOs crossmodulieren können.

Auch das ist natürlich wieder der Emulation geschuldet. Aber war es nicht Roland die gesagt haben „Never chase a ghost“? Hier wäre es doch schön gewesen, sich nicht auf eine bloße Schrumpfung zu beschränken, sondern das urspüngliche Konzept zu erweitern und in die Neuzeit zu überführen.

Roland JD-08: Die Effektsektion

Kommen wir zum Schluss noch kurz zur recht guten Effektsektion des JD-08. Hier kann man sich aus einer Palette aus verschiedenen Delays (BPM synchronisierbar), Reverbs, Modulationseffekten, Overdrive und EQ nebst Enhancer bedienen. Und das alles parallel und in der Effektreihenfolge umfangreich konfigurierbar.

Das ist schon ein recht bemerkenswertes Paket. Bei der Qualität der Effekte darf man allerdings auch kein Hi-End erwarten. Die meisten Algorithmen klingen ok bis gut, Hall und Delay können im Vergleich etwa mit Novation Peak oder Elektron Digitone / Analog Four nicht mithalten. Trotzdem runden sie das Ausstattungspaket ab und ersetzen im Live-Einsatz spezialisierte externe Effekte. Für die Studioproduktion wird man eher auf bessere Alternativen ausweichen.

Roland JD-08 schräg mit Tastatur
Roland JD-08 Schrägansicht

Roland JD-08 Test: Fazit

Damit sind wir beim Fazit des JD-08 Test angelangt. Und hier bleibt bei mir ein zwispältiger Eindruck. Einerseits hat es Roland in vielerlei Hinsicht geschafft, den Sound des Originals akkurat abzubilden. Die Haptik und das imposante Äußere sind dabei nur schwerlich zu vermitteln, was aber immer ein Problem des Boutique-Formats ist. Dafür lassen sich diese Miniaturen bequem mitnehmen und verbauchen auch im Studio recht wenig Platz.

Andererseits, und das wiegt für mich schwerer, hätte Roland durchaus etwas spendabler bei der Grundausstattung sein können. Bei den heutigen Ressourcen aktueller (Miniatur-)Computer wäre es problemlos möglich, dem JD-08 sämtliche Samples der Erweiterungskarten mitzugeben. Denn auch hierauf basiert der Ruf des JD-800 als Pad-Synthesizer. Warum man also etwa auf Erweiterungen wie die String-Ensemble-Karte verzichtet hat, weiß wohl nur Roland selbst.

Auch sind die mitgelieferten Presets mit Verweis auf die glorreichen 90er (Roland-Werbung) echt nicht mehr zeitgemäß. Klar, man kann und sollte diese für die Puristen und 90er Coverbands auch mitliefern. Dass dabei aber – abgesehen von einer Handvoll moderner Sounds – alle anderen Bänke leer bleiben, ist bei dem Preis fast schon eine Frechheit. Aber gut, der JD-08 soll auch nicht zur bloßen Presetschleuder verkommen, sondern zum Soundschrauben animieren. Und das geht mit dem JD-08 ziemlich gut.

Weitere Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert