Behringer PRO 800 Test: Polyfoner Analogsynth zum Budget-Kurs
Mit dem Deepmind legte Behringer seinerzeit den Startschuss für eine komplett neue Kategorie im eigenen Produktportfolio. Nach etlichen monofonen Synthesizern und noch deutlich mehr Ankündigungen, hat nun mit dem Pro 800 der zweite echte Polysynth Marktreife erreicht. Und das zu einem attraktiven Preis im kompakten Format. Wie gut das gelungen ist und ob sich der Synth auch für aktuelle elektronische Musik eignet, erfahrt ihr im Behringer Pro-800 Test. Doch starten wir erstmal mit einem Demovideo.
Auf einen Blick: Der Behringer Pro-800
- Achtfach polyfoner Analogsynthesizer zum Budgetkurs
- 400 Speicherplätze für eigene Presets
- Angelehnt an den Sequential Prophet 600
- 2 Oszillatoren pro Stimme plus Rauschgenerator
- LFO und 2 ADSR-Hüllkurven
Behringer Pro 800 Test: erster Eindruck
Nachdem der Pro 800 erst einmal ausgepackt war, stand vor mir das typische Behringer-Gehäuse, das bereits für eine Vielzahl von anderen Synths des Unternehmens verwendet wurde. Wer also einen Behringer Pro-1, einen K2 oder ein anderes Modell dieser Reihe hat, kann sich vorstellen, wie kompakt auch der Pro-800 daherkommt. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass es sich hierbei immerhin um einen analogen Polysynth handelt.
Die Verarbeitung geht wie schon bei anderen Behringer-Synthesizern dieser Serie absolut in Ordnung. Sämtliche Drehregler sitzen fest und bieten einen angenehmen Widerstand. Die Schalter sind nicht besonders hochwertig, erfüllten aber bei den anderen Modellen die ich hier hatte (Pro-1, K2 und Model D) über längere Zeit zuverlässig ihren Dienst. Daher wage ich den Blick in die Glaskugel und behaupte, dass das auch beim Pro-800 nicht anders sein wird.
Lediglich an die Folientaster wird sich mancher erst gewöhnen müssen. Denn wenn man nicht gerade mit dem Original, einem JX-8P oder anderen Synths dieser Ära gearbeitet hat, wird man vermutlich erstmal von der Haptik abgeschreckt.
Bevor ich direkt in die Komponenten einsteige noch ein kleiner Disclaimer. Ich habe nie einen Prophet 600 besessen und kann zur Authentizität daher nichts sagen. Andere Synthesizer aus dem Prophet-Universum sind mir allerdings durchaus geläufig (Prophet 5, Take 5, Rev 2, Pro One).
Oszillatoren
Der Behringer Pro 800 verfügt über zwei analoge Oszillatoren inklusive Sync, jeweils mit den Schwingungsformen Sägezahn (aufsteigend), Dreieck und Pulse mit variabler Pulsbreite. Der Regler für die Frequenz greift per Default erst einmal nur auf die Oktavenlage zu. Um hier den Regelweg zu ändern, muss man über das Menü den entsprechenden Modus auswählen und zwischen Oktave / chromatisch / manuell umschalten.
Das ist erstmal ungewohnt. Andererseits bietet es so aber auch die Möglichkeit, zwischen exaktem Tuning und der weiter reichenden Festlegung der Tonhöhe nach Gehör auszuwählen. Und spätestens in Verbindung mit Poly-Mod ist man über den erweiterten Frequenzbereich dankbar.
Die einzelnen Schwingungsformen lassen sich pro Oszillator de-/aktivieren. Beide Oszillatoren durchlaufen anschließend den Mixer, wo bei Bedarf auch noch Rauschen hinzugemischt werden kann.
Die Oszillatoren zeichnen sich durch den typischen Prophet-Sound aus. Ein kräftiger Sägezahn ist hier ebenso zuhause wie bassstarkes Dreieck. Die Pulswelle erzeugt bei Modulation herrliche Schwebungen, wenngleich die Einstellung Rechteck hier nicht ganz so viel „hohlen Bauch“ hat, wie etwa die Pulswelle bei einem Roland SH-101. Da das charakteristisch für den Prophet-Sound ist, ist das aber bitte nicht als Kritik zu verstehen.
Das Filter im Behringer Pro 800
Im Anschluss gelangt das Signal in ein 24dB Tiefpassfilter. Das Filter packt kräftig zu und verliert auch mit zunehmender Resonanz nicht allzu viel an Bass. Selbstverständlich bietet das Filter auch Resonanz und diese kann bis in die Selbstoszillation gefahren werden.
In Kombination mit dem Keytracking, das sich hier zwischen null, 50% und 100% einstellen lässt, kann man das Filter somit auch als relativ sauber trackenden (über drei Oktaven) Sinusoszillator verwenden. Routet man dann noch Oszillator B per Polymod auf die Cutoff-Frequenz des Filters sind analoge FM-Sounds ebenfalls überzeugend machbar.
Hüllkurven, Polymod und LFOs: Die Modulationsabteilung des Pro-800
Zur Klangformung bietet der Pro-800 zwei ADSR-Hüllkurven für Filter und VCA, einen LFO mit sechs Schwingungsformen, sowie einen weiteren Vibrato-LFO, der immer auf die Tonhöhe wirkt. Zusätzlich gibt es die Polymod-Sektion, in der sich die Filter-Hüllkurve und Oszillator B der Frequenz von Oszillator A oder des Filters zuweisen lassen.
Die Hüllkurven
Einer der Hauptkritikpunkte am Pro-800 direkt nach der Markteinführung waren die damals unmusikalischen Hüllkurven. Obwohl sich deren Charakteristik im Menü von fast linear / exponentiell auf slow linear / exponentiell umschalten lässt, waren sie damals schlicht zu langsam, um überzeugende Bässe abzuliefern.
Hier hat Behringer relativ schnell auf die Kritik reagiert und nachgefliefert. Die Hüllkurven sind zwar nach wie vor nicht die schnellsten Vertreter, aber absolut ausreichend, um auch schnappende Bässe und Leads zu kreieren. Nur den Hüllkurvenverlauf und die Wertumsetzung der Potidrehung finde ich hier ungewöhnlich. Die Ergebnisse sind zwar weitgehend brauchbar, der eigentliche Sweetspot liegt aber meistens irgendwo in den unerreichbaren Zwischenwerten.
LFO
Etwas versteckt im Menü findet man die Zuweisung des Vibrato-LFOs, dessen Intensität sich per Modwheel oder Aftertouch steuern lässt. Hier ist der Hub noch etwas zu extrem und man gleitet schnell ab ins extreme Eiern. Subtil eingesetzt liefert der Behringer Pro-800 problemlos Retro-Pads im Stil von Boards of Canada.
Spannender ist die Modulationssektion des Haupt-LFOs. Dieser bietet die Schwingungsformen, Sinus, Dreieck, Puls, Sägezahn (aufsteigend), sowie S&H und Rauschen. Die Auswahl hierfür erfolgt grob über einen Schalter auf der Oberfläche. Will man nun auf die anderen Varianten abtauchen, muss man wieder ins Menü abtauchen. Das ist nicht ganz optimal, aber bei einem LFO verschmerzbar, da man diesen wohl nicht so häufig im Preset ändert als andere Parameter.
In der LFO-Sektion wird per Kippschalter noch bestimmt, auf welche Ziele die LFO-Modulation wirken soll. Zur Auswahl stehen VCO-Pitch, Pulsbreite und Filter. Die Intensität wird für alle aktiven Ziele parallel per Regler eingestellt. Das ist insofern etwas nervig, da man einer heftigen Pulsbreitenmodulation auf diese Weise keine subtile Filtermodulation gegenüberstellen kann. Das ist aber ein generelles Problem der Retro-Prophet-Philosophie und kann daher nicht dem Pro-800 angelastet werden.
Sequencer & Arpeggiator
Als Skizzenblock für eigene Ideen besitzt der Pro-800 zwei polyfone Sequencer-Spuren. Diese werden global gespeichert und nicht wie etwa bei einem Sequential Take 5 mit dem jeweiligen Preset. Dafür kann eine Sequenz bis zu 400 Noten enthalten. Hier muss man etwas aufpassen, denn wenn Sequenz 1 bereits 300 Noten nutzt, stehen für die zweite Sequenz maximal 100 Noten zur Verfügung.
Der Arpeggiator ist eine nette Dreingabe mit den typischen Auf-/Ab-Mustern, Zufall und gespielter Reihenfolge. Sehr schön fand ich aber, dass man Sequencer und Arpeggiator auch parallel laufen lassen kann. Während eine Sequenz also hypnotisch-repetitiv vor sich hinläuft, kann man mit dem Arpeggiator spannende Kontraste setzen.
Behringer Pro 800 Alternativen
Um es vorweg zu sagen: Zu diesem Preis gibt es nur wenige Alternativen im Analogsynth-Bereich. Direkt fällt mir hier nur der dreadbox Nymphes (hier geht es zum Test) ein, der ähnlich flexibel ist, aber insgesamt noch etwas moderner klingt. Wenn man das Fenster aufzieht und auch digitale Synths berücksichtigt, kann man auch gut einige Roland-Synths wie den S-1 mit in die Auswahl nehmen. Beide gehen klanglich aber eher in Richtung Roland SH- bzw. Juno-Serie. Den typisch mittigen Sequential-Sound wird man hier nicht bekommen.
Und so gibt es den klassischen Sequential-Sound erst mit dem Take-5 von Sequential selbst. Das ist ein fantastischer Synth, aber auch direkt viermal teuerer als der Pro-800. Trotzdem nehme ich ihn in diese Übersicht mit auf.
Features | Behringer PRO 800 | Roland S-1 | Sequential Take 5 |
---|---|---|---|
Polyfonie | 8 Stimmen | 4 Stimmen | 5 Stimmen |
Oszillatoren | 2 VCOs | 1 x digital plus Sub | 2 VCOs |
Filter | 24dB | Roland SH-101 Filter | 24dB Prophet 5 VCF |
Presets | 400 | 64 | 256 |
Tastatur | – | – | 44 Tasten Fatar |
Sequencer (poly) | 2 x global, bis zu 400 Steps | Pro Preset mit bis zu 64 Steps | Pro Preset mit bis zu 64 Steps |
Effekte | – | Delay / Reverb | Reverb, Delay, Modulation, Distortion |
Preis | 389 € (Affiliate-Link) | 199 € (Affiliate-Link) | 1459 € (Affiliate-Link) |
Behringer PRO 800 Test: Fazit
Ein toller Vintage-Sound, Speicherplätze für eigene Presets, interessante Möglichkeiten fürs Sounddesign und das alles zu einem attraktiven Preis: Am Behringer Pro-800 hat man echt nicht viel auszusetzen. Kinderkrankheiten wie zu lahme Hüllkurven wurden mittlerweile ebenfalls behoben und so kann man Freunden des Prophet-Sounds eine klare Kaufempfehlung aussprechen. Auf meinem Wunschzettel hätte ganz oben nur noch ein Stereo-Ausgang mit der Möglichkeit von Voice-Pannings gestanden. Aber bei dem aufgerufenen Preis kann man sich hier zur Not auch mit einer weiteren Unit behelfen.
Ehrlich gesagt gibt es dafür keine Kongurenz, die Roland Gurke S1 aufzuführen war eher ein verzweifelter Versuch irgend etwas hin zu schreiben, aber überzeugende Kongurenz ist hier nicht zu finden. Das ist schon ein Ding
Klar kann man den als Alternative sehen. Der S-1 klingt ziemlich gut und ist mit seinen vier Stimmen und flexiblen Oszillatoren aufgrund des Preises schon interessant für Leute, die noch etwas mehr aufs Budget achten müssen. Klanglich geht das natürlich in eine andere Richtung, aber wer eine günstige und kompakte Alternative für unterwegs sucht, kann auch mit dem S-1 sehr gut Musik machen.