Roland SH-4d Test

Roland SH-4d Test

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Mit dem Roland SH-4d hat das japanische Unternehmen eine spannende Groovebox für elektronische Musik im Portfolio. Auf den ersten Blick vielleicht etwas unscheinbar, versteckt sich im Inneren eine umfangreiche Synthesizer-Engine mit verschiedenen Synthese-Modellen, PCM-Klangerzeugung und einer Drum-Sektion. Wie gut sich das Gerät in der Praxis schlägt, erfahrt ihr im Roland SH-4d Test.

Roland SH-4d Test: Erster Eindruck

32 Potis, vier Fader, sowie etliche Taster für Sequencer-Bedienung und schnelles Einspielen von Melodien: Bereits nach dem Auspacken wird klar, dass Performance beim SH-4d eine wesentliche Rolle spielt. Sämtliche Potis und Fader bieten einen angenehmen Drehwiderstand. Dieser ist zwar geringer als etwa bei einem Sequential Take-5, vermittelt aber trotzdem ein wertiges Gefühl. Fünf der Potis sind als gerasterte Encoder (Endlosdrehregler) ausgeführt, die Drehbewegungen mit leichtem Klicken bestätigen.

Auch bei den Tastern gibt es nichts zu beanstanden. Zwar hat man hier nicht den Hub eines Sequential- oder Nord-Synths. Trotzdem traue ich ihnen zu, nach zwei Jahren Dauereinsatz im Club immer noch zuverlässig ihren Dienst zu verrichten.

Das Display oben links vermittelt Retrocharme und erinnert eher an Synthesizer aus den 90ern als an aktuelle Modelle. Da man die meist genutzten Funktionen ohnehin direkt über die Oberfläche erreicht, ist das aber nicht weiter störend.

Die Anschluesse auf der Rueckseite des SH-4d
Die Anschlüsse auf der Rueckseite des SH-4d

Auf der Rückseite erwartet den User ein 5-Pin-MIDI-Duo, Stereo Line- und Kopfhörerausgang, Mix-In (Stereo-Miniklinke), ein analoger Clockeingang, sowie ein USB-C-Anschluss. Letzterer versorgt das Gerät mit Spannung und stellt gleichzeitig die Verbindung mit einem Computer her. Alternativ lässt sich der SH-4d übrigens mit vier AA-Batterien betreiben, praktisch für unterwegs.

Struktur der Klangerzeugung

Der SH-04d besitzt insgesamt vier Synthesizerspuren und eine Rhythm-Spur, in die Drumloops (oder andere One-Shots) programmiert werden. Für jede der vier Synthesizerspuren, hier „Part 1-4“ genannt, lassen sich jeweils verschiedene Synthesizermodelle laden. Dazu gleich mehr. Am Ende verpasst man dem Signal noch eine Effektkur, wofür jeder Part neben den Send-Wegen sogar noch einen exklusiven Effekt bereitstellt.

Gespeichert werden die Sounds einerseits im Pattern direkt, andererseits irgendwo in der Sound-Library. Einmal gespeichert, müsst ihr euch durch die Kategorien hangeln und das Preset suchen, wenn ihr es in einem anderen Projekt einsetzen wollt.

Ich gebe zu, ich bin ein Freund von Nummerierungen, wenn es um Preset-Verwaltung geht. Durch Top-20-Listen finde ich mich im hektischen Live-Betrieb, oder selbst beim entspannten Jammen deutlich besser zurecht. Allerdings kann man ganz gut gegenarbeiten, wenn man seine wichtigsten Presets einfach nicht zuweist und sie so zwangsläufig im No Assign Ordner landen. Besser wäre es, wenn man auch eigene Kategorien oder zumindest Favoriten anlegen könnte. Gelöst habe ich das Dilemma dann am Ende, indem ich einfach eine fortlaufende Nummer vor die Presetnamen gesetzt habe. Elegant ist anders, aber was soll’s.

Die unterschiedlichen Synthesemodelle des Roland SH-4d

Für jeden der vier Parts kann man aus einem von elf unterschiedlichen Oszillatorenmodellen auswählen. Darunter finden sich klassische Analogemulationen (z.B. Juno, SH-101) ebenso wie Wavetable, FM, Ringmodulation, sowie ein PCM-basiertes Modell für authentische 90er Rompler-Sounds.

Die Oszillatorenmodelle klingen durchweg gut, können es aber nicht ganz mit den dedizierten Emulationen, wie etwa SH-01a oder JU-06A Boutique aus dem eigenen Hause aufnehmen. Diese kommen immer noch etwas organischer daher, während man beim SH-4d schon einiges an Anstrengung aufnehmen muss, um hier richtiges Analogflair zu erhalten. Das ist aber nicht zwingend ein Manko. Denn auch so klingt der SH-4d von Haus aus sehr gut, wenngleich mir hier schon fast ein bisschen zu viel Sweet Spot an der Tagesordnung ist. Für richtig böse und knurrige Klänge wäre der SH-4d nicht meine erste Wahl.

Zentrales Element in der Oszillatorsektion sind die vier Schieberegler, kombiniert mit drei Drehpotis für Modellauswahl, Pitch und Timbre, sowie Wahltastern im unteren Bereich. Je nach Umfang und Algorithmus des gewählten Modells lassen sich hierüber u.a. die Schwingungsformen mischen, FM-Hüllkurven bearbeiten, ein zweiter LFO ansteuern oder die Pulsbreite festlegen.

Roland SH-4d die Oszillatorsektion
Der SH-4d bietet verschiedene Oszillatormodelle

Soweit ist das sehr intuitiv, man sollte aber zwei Dinge schnell auf dem Schirm haben: Mit Drehen des“Model“-Reglers wird das Oszillatorenmodell ausgetauscht und alle vorherigen Einstellungen sind unwiederbringlich verloren. Hier hätte ich es eleganter gefunden, so eine elementare Funktion auszulagern und ausschließlich über die beiden Regler unter dem Display zu steuern.

Allerdings kratzt man in diesem Bereich wirklich nur an der Oberfläche des Möglichen. Richtig Freude beim Sounddesign kommt dann auf, wenn man in die Untermenüs eintaucht. Denn hier hat man deutlich weitreichendere Einstellungsmöglichkeiten als man auf den ersten Blick vermutet. Zwar bedeutet das eine Menge Menü-Navigation, aber das Ergebnis lohnt sich.

Roland SH-4d Test: Schrägansicht

Roland SH-4d Filter

Egal von welchem Oszillatormodell man ausgeht, landet man im Anschluss immer in der gleichen Filtersektion. Hier wäre es zwar klasse gewesen, dass sich etwa bei einer SH-101-Emulation auch das Filter entsprechend anpasst. Zum Glück liefert das im SH-4d verwendete Multimodefilter einen überzeugenden Sound, wobei auch hier ein künstlicher Grundklang wieder durchkommt. Etwas entgegensteuern kann man hier mit dem Drive-Regler, der eine analoge Sättigung emuliert und dem Filter dadurch etwas Schmutz und Pfund verleiht. Wirklich rohen Sound kann auch Overdrive nicht liefern, aber es ist eine willkommene Ergänzung, um das klangliche Spektrum des Filters zu erweitern.

Roland SH-4d: Filtersektion
Die Filtersektion mit zugehöriger ADSR-Hüllkurve

Praktisch ist, dass Roland den Synthesemodellen immer auch ein Hochpassfilter ohne Resonanz zur Beschneidung der tiefen Frequenzen spendiert hat. Dadurch kann man die fehlenden Einzelausgänge etwas mehr verschmerzen und die Signale der einzelnen Spuren für die Summe entschlacken.

Das HPF fehlt im Drumbereich zwar. Weil man hier aber pro Druminstrument immer auch EQ und Multimodefilter inklusive Hüllkurve zur Verfügung hat, dürfte das die meisten Anwendungen abdecken.

LFO-Sektion

Direkt unter dem Filter findet sich die AMP-Sektion mit Pan-Regler und ADSR-Hüllkurve, die per Default immer auch von der Anschlagstärke gesteuert wird. Diese Zuweisung kann man bei Bedarf in der Modulationsmatrix deaktivieren.

AMP und LFO Sektion des Roland SH-4d
AMP und LFO Sektion des Roland SH-4d

Direkt unter der VCA-Sektion gibt es Zugriff auf den LFO. Neben der Schwingungsform des LFOs, Fade-In-Zeit und der Frequenz, bestimmt man hier auch die Modulationsintensität der Ziele Pitch, Filter und Amp. Etwas versteckt im Submenü „LFO“ legt man dazu noch fest, ob der LFO BPM-synchron laufen soll, bei Tastenanschlag neu getriggert wird und hat Einfluss auf die Phase.

Modulationsmatrix

Wer sich mehr Modulationsziele wünscht, muss hierfür in die Modulationsmatrix abtauchen. Diese versteckt sich ebenfalls im Submenü, ist aber leicht verständlich aufgebaut und erweitert die Sounddesignmöglichkeiten noch einmal. Pro Tone gibt es drei Modulations-Slots mit jeweils einer frei definierbaren Modulationsquelle, die man jeweils auf drei Ziele routen kann.

Spätestens an dieser Stelle hätte ich mir gewünscht, dass es neben dem einen LFO in jedem Modell noch mindestens einen zweiten LFO, sowie eine weitere Hüllkurve für Modulationen gegeben hätte. Zwar kann man auch Parameter-Locks über die Stepprogrammierung umsetzen, aber automatische Klangänderungen durch LFO, EG etc. sind dann doch noch etwas anderes – vor allem, wenn man live performt.

Die Effektabteilung: Global und pro Tone

Zur weiteren Bearbeitung verfügt der Roland SH-4d abschließend noch über eine sehr umfangreich ausgestattete Effektsektion. Insgesamt kann hier aus über 90 verschiedenen Algorithmen ausgewählt werden, darunter auch Exoten wie Step-Phaser und Step-Filter, die sich in Untermenüs zielgerichtet programmieren lassen.

Die Effektsetion teilt sich einerseits auf in vier Send-Effekte, die immer global wirken, und andererseits in einen frei wählbaren Insert-Effekt pro Slot. Zusätzlich gibt es pro Part, respektive pro Drum-Instrument (!) jeweils noch einen EQ, mit dem man den Mix homogen vorbereiten kann.

Eine umfangreiche Effektabteilung im SH-4d
Die umfangreiche Effektabteilung im SH-4d sorgt für den Feinschliff oder radikalere Klänge

Die Effekte klingen fast durchweg brauchbar, lediglich die Sättigungs- und Distortion-Algorithmen fallen qualitativ negativ aus dem Rahmen. Auch das Tape Delay konnte mich klanglich nicht so richtig abholen, fehlt diesem doch etwas der analoge Crunch, den spezialsierte Tape-Delay-(Emulationen) wie etwa das UAFX Starlight Echostation deutlich authentischer beherrschen.

Dafür sind die zahlreichen Reverb-Agorithmen qualitativ im oberen Bereich angesiedelt, wenn man es mit anderen Effektunits von Hardware-Synths vergleicht. Auch die Modulationseffekte wie Chorus, Phaser und Flanger klingen gut. Wer der Summe den nötigen Feinschliff verpassen möchte, kann dies mit einem der Dynamikeffekte erledigen. Hier hätte ich mir nur noch einen Sidechain-Eingang gewünscht, um schön pumpende Tracks umzusetzen.

Ebenfalls vermisste ich noch die Option, einzelne Parameter der Effektsektion auch als Modulationsziel anzusteuern. Ein LFO auf die Delay-Zeit für schöne Tape-Flutter-Effekte, oder die per Sinus modulierte Hallfahne für den Techno-Rumble sind hier nicht möglich. Trotzdem ist das Klagen auf sehr hohem Niveau, denn der SH-4d liefert schon ein sehr ordentliches Effektpaket ab.

Der Rhythmpart des SH-4d: Nur nette Dreingabe oder brauchbare Beats?

Neben den vier Synthparts bietet der SH-4d noch eine Spur für Drum-Sounds, „Rhythm“. Ein Drumkit besteht aus bis zu 26 einzelnen Druminstrumenten, die wiederum mit einem weiteren Sound gelayert werden können.

Die 26 Instrumente können mit Multimode-Filter, EQ, Amp- und Filter-EG umfangreich geformt werden. Dazu kommt noch eine Pitch-Hüllkurve mit Attack und Decay, die den generellen Pitch-Umfang von +/-24 Halbtönen noch einmal erweitert, sowie der Zugriff auf die Effektsektion.

Mit dieser Ausstattung geht im Bereich Sounddesign einiges und man könnte fast darüber hinwegsehen, dass die Sounds qualitativ eher im oberen Mittelfeld liegen. Denn beim perfektionistischen Feinschliff einer Clubproduktion wird man wohl das ein oder andere Element austauschen müssen. Als Ideenskizze oder für den Live-Einsatz ist die Sample-Auswahl klanglich aber absolut ausreichend.

Der Sequencer des Roland SH-4d

Jeder Part des SH-4d verfügt über einen Sequencer mit bis zu 64 Steps, der entweder live aufnimmt, oder per Lauftlicht-Prinzip, respektive Stepeingabe programmiert wird. Leider wird die Aufnahme immer quantisiert. Da zudem auf Microshifting einzelner Steps verzichtet wurde, ist es nicht möglich, mit dem SH-4d bewusst „off-beat“ oder „laid-back“ zu spielen. Hoffentlich wird dieses Feature noch mit einem Update noch hinzugefügt. Die Anzahl der Steps wie auch die Auflösung der Wiedergabe lässt sich pro Spur festlegen. Dadurch sind auch polymetrische Rhythmen problemlos umsetzbar.

Roland SH-4d Test: Sequencer
Im unteren Bereich befinden sich Sequencer, Sekundärfunktionen und Einspieltastatur

Hinzu kommen pro Step noch Parameterlocks, Substeps, Flam und Wiedergabewahrscheinlichkeit. Sobald die Steps einprogrammiert sind, können die Pattern ganz normal von links nach rechts, per Zufall angesteuert, oder von rechts nach links abgespielt werden.

Eine Möglichkeit zur Transponierung einmal vorhandener Melodien habe ich partout nicht finden können und gehe davon aus, dass es diese Funktion derzeit noch nicht gibt. Weiterhin fehlte mir das Verschieben von einmal aufgenommenen Melodien nach links oder rechts im Grid. Gerade durch diese Funktionen entstehen aber oftmals spannend groovende Pattern, die man ursprünglich nicht im Sinn hatte.

Wer es etwas abwechslungsreicher mag, kann live statt des Sequencers auch auf den Arpeggiator zugreifen. Dieser beherrscht im SH-4d die klassischen Muster (Up, Down, Up/Down, Zufall und geordnet). Leider kann man den Arpeggiator nicht von den aufgenommenen Noten des Sequencers spielen, wie zum Beispiel beim Korg Minilogue XD. Immerhin ist die parallele Nutzung von Sequencer-Playback und manuellem Dazuspielen mit aktiviertem Arpeggiator möglich.

Alternativen zum Roland SH-4d

FeaturesRoland SH-4dNovation Circuit TracksRoland MC-101
KlangerzeugungVA, Wavetable, FM, PCMVirtuell analog + Sample-basierte DrumsektionZen Core & Sample-basiert
PolyphonieBis zu 60 Stimmen6 pro Synth, 4 x Drumsbis zu 128 Stimmen
Anzahl Tracks4 x Synth-Tracks2 x Synth, 2 x MIDI4 Tracks
Drum-Sektion1 x Rhythm-Spur4 Drum-SpurenBis zu vier Drum-Tracks
Max. Pattern-Länge64 Steps32 Steps128 Steps
EffekteEQ und Multieffekt pro Part (90 verschiedene Effekttypen), Hall, Delay, Chorus & MastereffektDelay, Reverb, Chorus, Master Compressor mit SidechainMaster-Effekte: Kompressor, EQ, Hall, Delay und Chorus. EQ und Multieffekt pro Part (90 verschiedene Effekttypen)
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Roland SH-4d Alternativen

Fazit: Roland SH-4d Test

Der Roland SH-4d bringt deutlich mehr mit, als man auf den ersten Blick vermutet. Die elf Synth-Engines lassen dank umfangreicher Effektsektion und Matrix einiges an Sounddesign zu und die Bedienelemente sind sinnvoll auf die wichtigsten Parameter zugeschnitten.

Auch weiß der Sound zu überzeugen, solange man nicht vorhat, den SH-4d primär für härtere Musikgenres einzusetzen. Denn der Grundsound ist – eigentlich typisch für Roland – immer etwas HiFi. Nur die Drums fallen in ihrer Qualität minimal ab, aber da vergleiche ich auch dedizierte (analoge) Drummachines mit einer Add-On-Auswahl in einem Synthesizer. Und als Ideenskizze ist die Rhythm-Sektion auf jeden Fall super.

Und so bleibt am Ende festzuhalten, dass Roland mit dem SH-4d eine flexible Groovebox auf den Markt gebracht hat, die sich selbst Einsteigern schnell erschließt und gleichzeitig genug Potential mit bringt, um auch Profis zu überzeugen.

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