Twisted Electrons Blast Beats Test: LoFi FM Drum Machine

Twisted Electrons Blast Beats Test

Twisted Electrons dürfte vielen Produzenten von Elektronischer Musik spätestens seit dem fantastischen FM-Synth MEGAfm ein Begriff sein. Denn der auf einem Soundchip aus dem SEGA Megadrive basierende Synthesizer überzeugt durch einzigartigen LoFi-Charme und ist eine echter Geheimtipp für Dub Techno. Nun schickt Twisted Electrons mit dem Blast Beats eine Drum Machine ins Rennen, die wieder auf einem Retro-Soundchip basiert. Bevor wir zum Twisted Electrons Blast Beats Test kommen, gibt es aber wie immer ein Video zur Einstimmung.

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Twisted Electrons Blast Beats

Twisted Electrons Blast Beats Test: Erster Kontakt

Vorweg muss ich hier eine Sache klarstellen: Ich hatte die Gelegenheit, einige Kits und Pattern für den Blast Beats zu erstellen, die man später auch in den Geräten finden wird. Dadurch kenne ich den Drum Synth zwar gut, bin aber unter Umständen auch etwas befangen. Die Qualität der Werkslibrary werde ich daher zum Beispiel nicht beurteilen. Auch handelte es sich bei meiner Unit noch um einen Prototypen, der zwar die meisten Funktionen bereitstellt, aber eben noch nicht ganz auf Stand des Seriengeräts ist.

Anschlüsse

Damit kommen wir zu den Dingen, die auf jeden Fall sicher sind. Zum einen ist das die Anschlusssektion. Hier bietet der Twisted Electrons Blast Beats eine gute Basisausstattung: Vier Einzelausgänge, die sich pro Instrument frei zuweisen lassen. Dazu kommen MIDI I/O, USB, Sync I/O zur Integration in analoge Setups, sowie Kopfhörer- und Summenausgang (mono), der alle Audiosignale miteinander vereint. Zusätzlich findet man ebenfalls auf der Rückseite noch einen SD-Karten-Slot. Auf dieser werden Kits und Pattern gespeichert, sowie Daten für OS-Updates transportiert.

Bedienelemente

Wie schon beim MEGAfm überzeugt auch der Blast Beats durch eine Vielzahl an Bedienelementen. Zum Sounddesign der insgesamt sechs Drum-Intrumente und vier Synth-Spuren bietet die Drum Machine 56 Fader, wie man sie bereits aus dem MEGAfm kennt. Auf den ersten Blick wirken die Laufwege der Fader etwas kurz. In der Praxis merkt man aber schnell, dass das absolut ausreicht.

Für die Menünavigation, Programmierung des Sequencers, der Auswahl von Pattern und Kits stehen dann noch einmal 32 Taster mit integrierter LED zur Verfügung. Deren Druckgefühl, Design und Klick erinnern mich stark an die Taster aus dem Sequential OB-6.

Twisted Electrons BlastBeats
Twisted Electrons BlastBeats

Twisted Electrons Blast Beats – Der Aufbau

Sehen wir uns nun an, was sich hinter der Fassade des Twisted Electrons Blast Beats verbirgt. Im Herzen schlägt hier ein alter OPL3 (YMF262) FM Soundchip, der in den 90ern bei vielen Soundblaster-Soundkarten eingestzt wurde. Das verspricht einen herrlichen LoFi-Sound.

Alle Instrumente bieten einen Regler für Lautstärke inklusive Attack / Decay Hüllkurve. Per Multi und Tune legt man die Oktavlage und Semitöne fest. Zudem stehen bei jedem Instrument acht Schwingungsformen zur Auswahl, durch die der Sound vom weichen Sinus bis hin zum körnigen Pulse und allem dazwischen reicht. Sehen wir uns die Instrumente im einzelnen an.

Kick Drum

Die Kickdrum-Sektion teilt sich auf in Carrier und Modulator, jeweils mit eigener Decay-Pitch-Hüllkurve, sowie einen Feedback-Regler im Carrier-Bereich. Nimmt man hier noch die unterschiedlichen Schwingungsformen pro Sektion mit hinzu, erhält man eine recht umfangreiche Klangpalette.

Diese reicht von kurzen und soften Sinus-Kicks, über HandPan-artige Percussions bis hin zur brachialen Chiptunes-Kick. Die Kick kommt insgesamt aber eher mittig hölzern rüber, fette Subkicks liegen ihr nicht so sehr.

Twisted Electrons: BlastBeats Kickdrum
Twisted Electrons: BlastBeats Kickdrum

Rasend schnell ist die Hüllkurve nicht, bzw. ist zwischen reinem Knacken und der zweiten Decay-Stufe etwas zu viel Spielraum, um ganz gezielt Kicks mit ordentlich Punch am Anfang zu erzeugen. Ebenfalls sollte noch erwähnt werden, dass mit zunehmender Ausklingphase auch die Nebengeräusche zunehmen. Für mich ist das ein charmanter Bestandteil des Gesamtkonzepts, für audiophile Feingeister ist spätestens hier die Probefahrt zu Ende.

Snare Drum

Die Snare Drum wirkt in den Obertönen leicht beschnitten, aber eher so, als würde hier ein Sample Rate Reducer drüber laufen. Sie setzt sich klar im Mix durch, ohne aber zu dominant zu sein. Vorausgesetzt natürlich, man mag den LoFi-Sound. Denn bei keinem Instrument kommt dieser so sehr zum Vorschein, wie bei der Snare Drum.

Wer Claps sucht, sollte bei der Snare Drum per Multi die Tonhöhe extrem niedrig einstellen und dann Schwingungsform 4 oder 7 auswählen. Dadurch entseht eine Impulsdopplung, wie man sie von synthetischen Claps kennt.

Twisted Electrons BlastBeats: Snare
Twisted Electrons BlastBeats: Snare

Wer weder Snare noch Clap braucht, kann die Snaredrum auch problemlos zur Erzeugung von HiHats oder Toms zweckentfremden. Das Ergebnis klingt absolut brauchbar.

Tom / HiHats / Cymbal

Als letztes klassisches Drum-Element findet sich ganz rechts die Kombisektion aus Tom, HiHats (Open/ Closed) und Cymbal. Die Bleche haben einen herrlich spröden Sound, wie man es von einem alten FM-Chip erwartet. Die Tom sticht hier etwas hervor und liefert ebenfalls einen körnigen Grundsound. Mit integrierter Pitchhüllkurve kann die Tom natürlich „flippern“. Die Stärke sehe ich hier aber eher in tonalen Off-Bässen.

Twisted Electrons BlastBeats: HiHats & Tom
Twisted Electrons BlastBeats: HiHats & Tom

Zwar steuert der Sequencer alle Spuren separat an. Leider kann man in dem Kombimodul aber lediglich Volume und Decay frei für die drei Instrumente bestimmen. Sobald man Tonhöhe und Wellenform verändert, gilt das immer für alle drei Instrumente gleichzeitig. Das ist spätestens dann schade, wenn man Melodien mit der Tom spielen möchte. Vielleicht wird das ja noch in einem Update ergänzt.

Die vier Synth-Engines

Ebenfalls überzeugend fand ich die vier Synth-Engines. Ein Synth-Track setzt sich aus vier Operatoren zusammen. Ähnlich aufgebaut wie die einzelnen Drum-Instrumente finden sich pro Operator aber zusätzlich noch Regler für Tremolo und Vibrato, sowie die Möglichkeit, pro Synthspur aus einem von fünf vorgegebenen FM-Algorithmen auszuwählen.

Twisted Electrons BlastBeats Synth-Engine
Twisted Electrons BlastBeats Synth-Engine

Auch hier verhilft die Kombination aus freier Wellenform-Auswahl für jeden der insgesamt vier Operatoren, inklusive Pitch und Lautstärkehüllkurve, zu Flexibilität. Mit bis zu zwei Feedback-Wegen, sind dabei je nach gewähltem FM-Algorithmus harsche Noisesounds ebenso drin, wie trockene Bässe, Glockiges, oder sogar Retro-Pads.

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Bass Sound bei 4:53

Für Pads sollte man allerdings bedenken, dass nur zwei der Synth-Engines Duo- bzw. Polyphonie bieten. In der Regel wird das aber reichen, wenn man den Blast Beats eher als minimale Groovebox versteht und keine komplett ausproduzierten Tracks damit umsetzen möchte.

Sequencer

Um die ganzen Instrumente anzutreiben, besitzt der Blast Beats einen internen Sequencer, der entweder im Livemodus oder per Lauflicht-Stepeingabe programmiert wird. Einzelne Pattern können dabei eine Länge von bis zu 64 Steps haben, wobei auch ungerade Werte wie 53 Steps möglich sind. Leider gilt das immer global pro Pattern, sodass polyemtrische Beats derzeit noch nicht drin sind. Twisted Electrons kündigte aber an, dieses Feature eventuell in einem zukünftigen OS-Update nachzureichen.

Twisted Electrons BlastBeats Sequencer
Twisted Electrons BlastBeats Sequencer

Der Sequencer bietet dennoch eine Menge guter Funktionen, sei es Trigger-Wahrscheinlichkeit, Swing, oder die Aufzeichnung von Parameterfahrten. Mit den drei Sequencer-Effekten Bend, Freeze und Stutter kann man die Wiedergabe an einem gespielt Step „einfrieren“ und in unterschiedlichen Taktraten wiederholt abspielen. Das kennt man woanders als Note Repeat und funktioniert hier ähnlich intuitiv. Mit Druck auf Bend werden alle Instrumente nach unten gepitcht. Das geschieht dabei nicht abrupt, sondern ist eher vergleichbar mit einer Vinyl, die man abstoppt.

Was für Live-User ebenfalls interessant sein dürfte, sind die Mute- und Solofunktionen. Mit der Kombination von Shift und Mute schaltet man einzelne Spuren ganz einfach stumm, während Solo umgekehrt alle Spuren mutet, die nicht auf Solo stehen.

Alternativen zum Twisted Electrons Blast Beats

Als direkte Alternative zum Blast Beats käme wohl der Model:Cycles von Elektron in Betracht. Auch hierbei handelt es sich um eine FM-basierte Groovebox, die im schmalen Format unterschiedliche Drum- und Percussion-Instrumente beherbergt.

Die besten Drum Machines für Techno - Elektron Model:Cycles
Alternative für den Blast Beats? Der Model:Cycles von Elektron

Das war es aber auch schon an Gemeinsamkeiten, denn klanglich liegen zwischen den beiden Welten. Ja, auch der Model:Cycles kann mit dem Distortion aggressivere Sounds erzeugen. Aber an den ungezügelten LoFi-Charme eines BlastBeats kommt er einfach nicht heran. Umgekehrt fehlen dem Blast Beats die seidigen Höhen oder der Tiefenschub eines Model:Cycles. Hier entscheidet letztlich also der eigene Geschmack. Beide zusammen ergeben übrigens ein hervorragendes Team.

Falls das aber noch ein Faktor sein sollte: Der Grundsound eines Model:Cycles ließe sich deutlich einfacher mit PlugIns ersetzen, als der eines Twisted Electrons BlastBeats.

Twisted Electrons Blast Beats Test: Fazit

Dank etlicher Fader und Taster macht die Arbeit mit dem Blast Beats richtig Spaß. Wer hier nun eine fette Drum Machine erwartet, die mit einer Jomox oder Analog Rytm den Boden wienert, wird allerdings entäuscht sein. BlastBeats kann zwar etwas Pfund auf die Waage bringen, aber das können andere Drum Machines besser. Die Stärke dieses FM Drum Computers liegt im außergewöhnlichen Sound, den ich als angenehm crunchy und LoFi beschreiben würde.

Und so empfiehlt sich der Blast Beats vor allem als eigenständige Zweit-Drummachine, wenn man nicht gerade im Chiptunes-Genre unterwegs ist. Als Zuspieler für kreative Percussions und Drumloops überzeugt der Blast Beats ohne Frage. Allerdings sollte jedem klar sein, dass man wie schon beim MEGAfm ein Musikinstrument mit viel Charakter im Sound erhält. Entweder man mag diesen oder eben nicht. Manchmal kann es so einfach sein.

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